Fall Mollath: Verteidiger will Klageerzwingung gegen Chefarzt Leipziger und Amtsrichter Eberl

OLG München wird sich mit dem Vorwurf der Freiheitsberaubung auseinandersetzen müssen

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Die Vorwürfe, die Gerhard Strate, der Verteidiger Gustl Mollaths erhebt, wiegen schwer: Der Hamburger Rechtsanwalt geht davon aus, dass sich der Leiter der Forensischen Psychiatrie in Bayreuth, Dr. Klaus Leipziger, und der Amtsrichter Armin Eberl, der zunächst die Einweisung Gustl Mollaths zur Untersuchung in die Psychiatrie veranlasst hat, der schweren Freiheitsberaubung strafbar gemacht haben.

Bereits im Januar dieses Jahres hatte Strate Strafanzeige bei der Generalstaatsanwaltschaft in Nürnberg gestellt, die jedoch im Februar von der Staatsanwaltschaft Augsburg als unbegründet zurückgewiesen wurde (Telepolis berichtete). Nun Strate in einem 182-seitigen Schriftsatz nachgelegt und strebt ein Klageerzwingungsverfahren vor dem Oberlandesgericht München an.

Strate geht davon aus, dass im Zusammenhang mit der Einweisung seines Mandanten gegen die Vorgaben des Bundesverfassungsgerichts verstoßen wurde. Sowohl die richterliche Anordnung zur Einweisung als auch die dann während der "erzwungenen Unterbringung erfolgten Befragungen des Gustl Mollath, seine fortdauernde Beobachtung sowie die Dokumentation aller seiner Äußerungen und seines Verhaltens durch Ärzte und Pflegepersonal stellen sich der Sache nach dar als Vernehmungsmethoden …", schreibt Strate.

Spätestens nachdem Leipziger "durch den Aufnahmearzt der Forensischen Klinik am 14.02.2005 unterrichtet worden war, dass Gustl Mollath auch weiterhin nicht bereit ist, sich explorieren zu lassen und an weiteren Untersuchungen teilzunehmen, hätte der Beschuldigte…[Leipziger] dies sofort dem zuständigen Richter mitteilen und auf eine Beendigung der zwangsweise erfolgten Unterbringung hinwirken müssen", meint Strate.

Sowohl das Bundesverfassungsgericht als auch der Bundesgerichtshof haben bereits 2001 bzw. 2002 in einem ähnlichen Fall, bei dem es ebenfalls um die Frage der Untersuchung bei Verweigerung eines Patienten gegangen ist, eindeutig entschieden und die Persönlichkeitsrechte des Betroffen gestärkt.

Strate geht davon aus, dass das Amtsgericht Nürnberg in Sachen Mollath die Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts und des Bundesgerichtshof möglicherweise bewusst ignoriert habe. Interessant ist auch die Aussage in einem Beschluss, der von Eberl 2004 erlassen wurde und den Strate in seinem Schriftsatz anführt. In einer Aussage, die Eberl in dem Beschluss tätigt, lässt sich das derzeit viel diskutierte Problem der Nähe zwischen Gerichten und Gutachtern ablesen. So schreibt Eberl:

"An den schlüssigen und überzeugenden Ausführungen des dem Gericht seit vielen Jahren als sehr zuverlässig bekannten Sachverständigen Thomas Lippert hat das Gericht keine Zweifel."

Auch zu den seit längerem im Raum stehenden Überlegungen, wonach dem im Hauptverfahren 2006 zuständigen Richter Otto Brixner möglicherweise der Fall Mollath bewusst zugeschanzt wurde, äußert sich Strate. Die Bloggerin Gabriele Wolff verweist auf Seite 130 des Schriftsatzes, wo auf die zeitlichen Umstände eingegangen wird, die mit der Zurückhaltung der Strafakte gegen Mollath zu tun haben.

Strate führt einen Auszug des Vernehmungsprotokolls aus dem Untersuchungsausschuss des Bayerischen Landtags in Sachen Mollath an. Vor dem Ausschuss musste auch der Zeuge Karl-Heinz Mühlbauer, ein Justizobersekretär, aussagen. Mühlbauer war es, der für den Abgang der Akte an die Staatsanwaltschaft zuständig war. In dem Auszug des Protokolls heißt es:

"Dr. Martin Runge: Und noch mal – es ist zwar schon zweimal gefragt worden –, aber noch mal: Sie können es sich nicht erklären, warum das (gemeint der Aktenversand von der Geschäftsstelle des Amtsgerichts zur Geschäftsstelle der Staatsanwaltschaft) in diesem Fall tatsächlich siebzehn Tage gedauert hat? Können Sie sich an einen anderen Fall erinnern, wo das so lange gedauert hat von einer Haustür zur anderen?

Zeuge Karl-Heinz Mühlbauer: Wenn ich es logisch nachvollziehe – siebzehn Tage sind extrem lang – , normalerweise, wenn man so was macht, die Beschlussausfertigungen an beide Verteidiger herausgibt zum Zwecke der Zustellung, das heißt mit Empfangsbestätigung, dann gibt man die Akte sofort weiter an die Staatsanwaltschaft, schickt die Empfangsbestätigungen nach. Es könnte jetzt da in dem Fall theoretisch gewartet worden sein auf die Empfangsbestätigungen. Glaube ich aber nicht, weil, dann kommen wir auch nicht auf die 17 Tage. Es sind zwei Nürnberger Verteidiger. Da sind die in der Regel zwei, drei Tage später da."

Unterdessen hat sich Gustl Mollath auch in der Sendung Beckmann in der ARD zu seinem Fall geäußert. Mollath kritisierte erneut die bayerische Justizministerin Beate Merk: "Ich sag' es, wie es ist, auch wenn das jetzt unverschämt klingt: Da ist Hopfen und Malz verloren."