Maschinen können handeln, mehr nicht

Neben der Spur

Nur weil Maschinen schnell sind, sind sie noch nicht gut. Oder zeigen Feingefühl. Und manchmal braucht es das noch

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Und da war noch die Geschichte von Chief Francis Kariuki, der in Kenia Twitter dazu nutzt, Frieden im Dorf zu stiften. Ein kluger Mann, der mit den Segnungen lieber gleich klar macht, dass das entlaufene Schaf in der Gegend einem bestimmten Bauern gehört, weil es gekennzeichnet wurde. Oder einen Mann schnell per Twitter-Alarm mittels herbeigerufener Helfer aus einer Latrine befreit.

Da hat das Internet doch was Gutes, da wird einem warm ums Herz.

Das Internet hat aber auch etwas Schnelles, denn es ermöglicht der Finanzbranche mittels Maschinen noch viel rascher zu handeln. Der gesamte Aktienhandel hat sich in eine inzwischen mehr oder weniger menschenfreie Zone gewandelt. Denn Menschen sind so langsam. Selbst die ausgebufftesten Schachweltmeister brauchen mehr als eine halbe Sekunde, um ihren König im Schach zu erkennen. Um wieviel mehr brauchen dann Händler, um ihre Fonds in Richtung Griechenland abrauschen zu sehen. Genau, das geht natürlich nicht. Und deshalb handeln Maschinen mit Maschinen heute Geld. Gnadenlos schnell und gnadenlos instinktlos. Denn gehandelt wird, wie es im Algorithmus steht. Und das wird zu immer schneller hereinbrechenden Dynamiken führen, von denen immer mehr auf uns zukommen. Einfache Rechnung.

Und deshalb kann man das Tweeten nicht unbedingt den Klickdosen überlassen. Da muss man selbst ran. Und sei es nur, um eben nicht zu tweeten. Zum Beispiel darüber, dass man einen Scheisstag in der Firma hatte...nicht gut, könnte einem die Kündigung einbringen. Und solche Feinheiten können Maschinen nicht.

Die würden vielleicht in Kenia eine Dorfschlägerei auslösen, weil sie twittern: Schaf weg. 34% Wahrscheinlichkeit, dass Bauer Z. wieder klaut.

Feinfühlig wäre das nicht, auch wenn es in weniger als einer halben Sekunde auf dem Netz wäre.