Altmaiers Hartz-IV-Menü

Die Armen sollen die Strompreisbefreiungen gegenfinanzieren

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Tilo Sarrazin hat's mit seinen Menüvorschlägen für Hartz-IV-Bezieher vorgekocht. Nach dem gleichen Muster sollen jetzt angelernte Energieberater durchs Land ziehen und zeigen, wie man im Haushalt Strom sparen kann. An den Ursachen für die steigenden Preise soll aber weiterhin nichts geändert werden:

  • Im Frühjahr blockierte das Wirtschaftsministerium die Effizienzpläne der EU,
  • gleich nach Amtsantritt verteidigte Peter Altmaier die Befreiungen bei den Netzentgelten
  • und jetzt soll auch die Umlage-Befreiung "energieintensiver" Unternehmen weitergehen.

Dabei ist mittlerweile hinlänglich bekannt, dass die durch das Angebot von Wind- und Sonnenstrom sinkenden Börsenpreise für Spitzenstrom nur Großkunden mit Sonderverträgen zugute kommen und dass die EEG-Umlage in immer größerem Umfang auf die Privathaushalte abgewälzt wird. Von den im übrigen erfolglosen Versuchen der Bundesnetzagentur, Transparenz bei der Preisgestaltung auf dem Strommarkt einzufordern, ganz zu schweigen.

Anstatt die Privatkunden durch eine gerechte Aufteilung der Kosten auf alle Stromverbraucher zu entlasten, sind jetzt zwei neue Vorschläge im Gespräch:

  • eine Stromsparberatung von Hartz-IV-Empängern für Hartz-IV-Empänger und mittelfritig auch alle übrigen Privathaushalte
  • und zweitens ein Quotenmodell, das den Preis für den Stromgrundbedarf begrenzt, damit die privaten Stromkunden das Stromsparen lernen und so mit steigenden Strompreisen fertig werden.

Dabei haben Privatkunden doch nur einen Anteil von 26% am Stromverbrauch in Deutschland, 70% verbrauchen dagegen Industrie, Handel und öffentlicher Dienst.

Die Deutsche Energie Agentur erarbeitete schon im letzten Jahr größtenteils untaugliche Vorschläge, wie Strom ausgerechnet durch die Anschaffung neuer Elektrogeräte einzusparen sei: 47 €/Jahr bei einer neu gekauften Kühl- und Gefrierkombination, 51 € bei einer neuen Waschmaschine.

Für wirklich arme Haushalte dürfte dagegen vor allem die Beschränkung der Stand-By-Verluste in Frage kommen. Diese werden vom Umweltbundesamt in den 40 Millionen Haushalten in Deutschland auf knapp 4 Mrd. kWh pro Jahr geschätzt, also 100 kWh oder umgerechnet etwa 25 Euro im Jahr. Das setzt aber schon eine 100%ige Erfolgsquote von Altmaiers bundesweiter Energiesparberatung voraus.

Einen alternativen Vorschlag, der auf Selbstregulierung setzt, machte Eicke Weber, Leiter des Fraunhofer-Instituts für Solare Energiesysteme in Freiburg. Danach soll die Grundversorgung je Haushalt mit 2.000 KWh pro Jahr zu einem günstigen Preis angeboten werden. Der Verbrauch darüber hinaus solle wesentlich teurer sein. Verbraucher die sich um's Energiesparen kümmern, würden so belohnt, Verschwender müssten "bluten". Nachteil seines Modells: Es lässt sich nicht einsetzen, um die Arbeitslosenstatistik zu schönen.