Erstmals sollen Frauen in Saudi-Arabien wählen dürfen

Demokratischer wird dadurch die vom Westen gestützte islamische Monarchie nicht

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Es grenzt nahezu an eine Revolution. In Saudi-Arabien, der ölreichen fundamental islamischen Monarchie, die sich wegen der Ressourcen, aber auch wegen sonstiger Geschäfte großer Beliebtheit im Westen erfreut, sollen die Frauen auf einmal wählen dürfen. Offenbar geht die Angst vor dem arabischen Frühling um, so dass man nun beginnt, schnell Reformen einzuziehen, um weiter an der Macht zu bleiben.

Weil Frauen immerhin die Hälfte der Gesellschaft bilden und schon zunehmend wichtige Positionen übernommen haben, auch wenn sie noch immer nicht alleine Autofahren oder ins Ausland reisen dürfen und auch sonst von der islamischen Männergesellschaft klein gehalten werden, war die Geste überfällig. Schließlich ist Saudi-Arabien selbst in der islamischen Welt ein besonders reaktionärer Staat, der aus religiöser oder ideologischer Nähe heraus auch die Herrschaft der Taliban in Afghanistan vor ihrem Sturz unterstützt hatte.

König Abdullah beruft sich für seine Entscheidung für eine "ausgewogene Modernisierung" allerdings auf eine Untersuchung der muslimischen Geschichte, die zu dem erstaunlichen Ergebnis gekommen war, dass Frauen - man höre und staune - imstande seien, rational zu denken und zu entscheiden. Muslimische Frauen hätten Positionen gezeigt, die "korrekte Meinungen und Ratschläge" zum Ausdruck brachten. Ob das bei den Männern immer der Fall war und ist, lässt der König freilich unbeantwortet.

Jetzt also dürfen Frauen auch zur Wahl gehen und sich als Kandidatinnen aufstellen lassen, was aber eher ein symbolischer Akt ist. Die saudische Monarchie ist weit entfernt von einer konstitionellen Monarchie westlicher Prägung. Ein Parlament gibt es nicht, lediglich eine Vertretung des Volks auf Gemeindeebene, also ganz weit unten, so dass die nationale Macht der superreichen königlichen Sippe nicht gefährdet ist. Aber alleine die Möglichkeit, dass Frauen wählen dürfen, scheint im 21. Jahrhundert in Saudi-Arabien, dem Verbündeten des Westens, der angeblich die Demokratie verbreiten will, großes Unbehagen hervorzurufen, weswegen die Rückversicherung auf die religiösen Führer so wichtig ist, schließlich stützen sich die fundamentalistische islamische Führung und die saudische Monarchie gegenseitig.

Möglicherweise ist daher die Ankündigung wichtiger, dass Frauen in Zukunft auch im Shura-Rat als vollwertige Mitglieder tätig sein dürfen. Der kann zwar auch nur beraten und hat keine eigenständige politische Macht, aber ist dennoch eine wichtige politische Institution. Man wolle Frauen in der Gesellschaft nicht marginalisieren, sofern dies mit der Scharia konform geht, so der König, daher habe man in Übereinkunft mit den religiösen Führern beschlossen, Frauen in den Shura-Rat aufzunehmen. Die Mitglieder werden aber vom König berufen. Man wird also schon dafür sorgen, dass die richtigen Frauen aufgenommen werden. Gleichwohl schwärmt man im Weißen Haus von einem "wichtigen Schritt".