Kernkraftausstieg: "Unverhältnismäßig, unzulässige Enteignung und frustrierte Aufwendungen"

Verfassungsbeschwerden von Eon und RWE und wahrscheinlich auch Vattenfall: 15 Milliarden Schadensersatz gefordert

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Das Bundesverfassungsgericht hat nach Informationen der FAZ Stellungnahmen von mehreren Institutionen und Organisationen – namentlich genannt werden Bundesregierung, Bundestag, Bundesverband der Deutschen Industrie und Greenpeace – zum Atomausstieg eingeholt.

Anlass ist die Verfassungsbeschwerde des Energiekonzerns Eon gegen die 13. Novelle des Atomgesetzes („Energiewende“) die mit einer Schadensersatzforderung in Höhe von 8 Milliarden Euro verbunden wird. Auch RWE und wahrscheinlich auch Vattenfall streben eine ähnliche Beschwerde an. Eon macht Ertragsausfälle geltend, die man von einer Wirtschaftsprüfungsgesellschaft berechnen ließ. Darüber hinaus berechnet Eon "frustrierte Aufwendungen", die für die Sicherheit der Reaktoren getätigt wurden vor dem Hintergrund, dass die Kernkraftwerke eine längere Laufzeit haben, wie dies die Regierung ursprünglich geplant hatte; angeführt werden auch "erhöhte Kosten in der Nachbetriebsphase etwa für den Bau zusätzlicher Castor-Behälter zum Abtransport der Brennstäbe, ferner Vertragsstrafen und der Kauf von Ersatzstrom am 'Spotmarkt' zu Marktpreisen (...), nicht rückzahlbare Vorleistungen an den Förderfonds für Erneuerbare Energien und die ebenfalls neu eingeführte Kernbrennstoffsteuer".

Die abrupte Kursänderung der Regierung nach Fukushima verstoße gegen die Eigentumsgarantie des Grundgesetzes, dies sei die Grundlage der Klage vor dem Bundesverfassungsgericht. Laut Eons Rechtsvertreter fallen auch die erteilten Betriebsgenehmigungen und die zugeteilten Reststrommengen sowie die Anteile an den Betreibergesellschaften unter den Schutz des Eigentums. Für den Kurswechsel der Regierung habe es „keinen zwingenden Anlass“ gegeben.

Kritiker sind da ganz anderer Meinung. So kommentiert Jochen Stay, der Sprecher der Anti-Atom-Organisation .ausgestrahlt, die Beschwerde der Energieversorger mit der Empfehlung an die Bundesregierung, von Kernkraftbetreibern den Abschluss einer "umfassenden Haftpflichtversicherung für ihre Reaktoren" zu verlangen, die auch die Schäden einer Katastrophe wie in Fukushima abdeckt:

"Dann wird sich zeigen, dass es ökonomisch gar keinen Sinn macht, Atomkraftwerke zu betreiben.“

Die Klagen der Energiekonzerne hält Stay angeswichts der Risiken der Kernkraftwerke für unangemessen:

"Es ist an Dreistigkeit nicht zu überbieten, dass die AKW-Betreiber, die die Gesellschaft unfassbaren Risiken aussetzen, jetzt auch noch Milliarden dafür einklagen wollen, dass die Politik diese Risiken gemindert hat."