Urheberrechtsverletzung: Gerichte setzen niedrige Hürde für Auskunftsanspruch gegen Provider

Das Unternehmen DigiProtect will den neu geschaffenen zivilrechtlichen Auskunftsanspruch gegen Provider bei Urheberrechtsverletzungen von Internet-Nutzern bereits vor Gerichten durchgesetzt haben.

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Von
  • Joerg Heidrich

Vergangenen Montag ist nach langer Diskussion das höchst umstrittenen "Gesetzes zur Verbesserung der Durchsetzung von Rechten des geistigen Eigentums" (PDF-Datei) in Kraft getreten. Der im Rahmen dieser Reform neu geschaffene § 101 des Urheberrechtsgesetzes (UrhG) enthält eine Klausel, nachdem Rechteinhaber, wenn sie Urheberrechtsverletzungen feststellen, ohne den Umweg eines Strafverfahrens im Rahmen eines zivilrechtlichen Auskunftsverfahrens Kundendaten der Provider erhalten können. DigiProtect will aufgrund dieses Paragraphens nun bereits vor Gericht erfolgreich vorgegangen sein.

Voraussetzung für einen solchen Anspruch ist jedoch, dass die Rechtsverletzung in "gewerblichem Ausmaß" erfolgt. Dieses kann sich sowohl aus der Anzahl der Rechtsverletzungen als auch aus der Schwere der Rechtsverletzung ergeben. Da der Rechtsbegriff des "gewerblichen Ausmaßes" dem deutschen Recht bislang unbekannt war, streiten die Juristen seither um die Interpretation dieses Begriffes. Die Gesetzesbegründung (PDF-Datei) stellt dazu fest, dass ein solcher Umfang unter anderem dann anzunehmen sei, wenn "eine besonders umfangreiche Datei, wie ein vollständiger Kinofilm, ein Musikalbum oder Hörbuch, vor oder unmittelbar nach ihrer Veröffentlichung in Deutschland widerrechtlich im Internet öffentlich zugänglich gemacht" werde.

Laut einer Mitteilung von DigiProtect hat die Firma nun erstmals Gerichte zur Durchsetzung des Auskunftsanspruchs bemüht. Nach eigenen Angaben habe man vor den Landgerichten Köln und Düsseldorf einstweilige Anordnungen gegen die Deutsche Telekom AG auf Basis des neuen § 101 UrhG erwirkt. Die Deutsche Telekom AG sei nun gehalten, gegenüber DigiProtect Auskunft zu erteilen, wer sich hinter den erfassten Adressdaten verbirgt.

Bemerkenswert ist hieran besonders, dass nach Aussage des Anwalts von DigiProtect die beiden Gerichte bereits "bei einem Album von einer für den Auskunftsanspruch erforderlichen Rechtsverletzung im gewerblichen Ausmaß ausgegangen" seien. Das Unternehmen, das mit dem Slogan "Turn piracy into profit" wirbt, kündigte an, es werde nun "all die anderen Internetprovider ins Visier nehmen, die sich jahrelang aus Datenschutzgründen geweigert haben, hinter IP-Adressen stehende Straftäter zu nennen".

Sollten auch andere Gerichte dieser extrem weiten Auslegung des "gewerblichen Ausmaßes" folgen, so ist damit zu rechnen, dass sich dann die Zivilgerichte mit der gleichen Flut von Anträgen konfrontiert sehen, mit der sich derzeit die Strafverfolgungsbehörden konfrontiert sehen.

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(Joerg Heidrich) / (jk)