NSA-Chef: "Die anderen helfen uns doch beim Spionieren"

In den USA mussten sich der Geheimdienstkoordinator und der NSA-Chef Abgeordneten stellen. Dabei verteidigten sie die Lauschangriffe auf ausländische Politiker und erklärten, bei der Internetüberwachung würden die Europäer doch helfen.

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Der US-Geheimdienstkoordinator James Clapper hat die Lauschangriffe auf ausländische Spitzenpolitiker verteidigt. "Die Absichten politischer Führungen, wie auch immer sie ausgedrückt werden, sind das Grundsätzliche, was wir sammeln und analysieren müssen", sagte Clapper in einer Kongressanhörung am Dienstag in Washington. Zugleich zeigten sich er und NSA-Chef Keith Alexander in der Befragung überzeugt, dass Europa seinerseits die USA und deren Politiker ausspioniere. Auch würden die Europäer massiv Daten eigener Bürger sammeln.

Clapper bestätigte zwar nicht, dass die USA Telefongespräche etwa von Angela Merkel oder anderen Staats- und Regierungschefs abgehört hätten. Es sei aber generell "absolut" hilfreich, an solche Kommunikation zu kommen. "Das ist eines der ersten Dinge, die ich 1963 in der Geheimdienstschule gelernt habe", sagte er. "Es ist unersetzlich für uns zu wissen, was die Länder bewegt, was ihre Politik ist." Zu den bevorzugten Abhörzielen gehörten auch militärische Führer.

Keith Alexander in der Anhörung

(Bild: c-span.org)

Die millionenfache Sammlung von Telefondaten, die in Europa große Empörung ausgelöst hatte, ist laut Alexander von den nationalen Geheimdiensten selbst mitverantwortet worden. Medienberichte, die allein der NSA die Schuld gäben, seien "vollkommen falsch". Die in Frankreich, Spanien und Italien gesammelten Telefondaten wurden auch von den Partnern gesammelt und an die NSA weitergegeben.

Die französische Zeitung Le Monde hatte unter Berufung auf Dokumente des Informanten Edward Snowden berichtet, die NSA habe innerhalb von knapp einem Monat rund 70 Millionen Datensätze zu französischen Telefongesprächen gesammelt. In einem ähnlichen Bericht der Zeitung El Mundo war von 60 Millionen Datensätzen in Spanien die Rede. Die Enthüllungen hatten einen Sturm der Kritik in den Ländern ausgelöst.

NSA-Skandal

Die NSA, der britische GCHQ und andere westliche Geheimdienste greifen in großem Umfang internationale Kommunikation ab, spionieren Unternehmen sowie staatliche Stellen aus und verpflichten Dienstleister im Geheimen zur Kooperation. Einzelheiten dazu hat Edward Snowden enthüllt.

Alexander sagte, dass Journalisten die von Snowden beschafften Papiere falsch interpretiert hätten. "Sie und die Person, die die geheimen Daten gestohlen hat, verstanden nicht, was sie da sahen." Die von den europäischen Geheimdiensten an die Amerikaner übergebenen Daten seien Teil eines groß angelegten Austauschprogramms. "Sie repräsentierten Informationen, die wir und unsere Nato-Alliierten für die Verteidigung unserer Nationen und zur Unterstützung militärischer Operationen gesammelt hatten", sagte Alexander. "Dies sind keine Informationen, die wir über europäische Bürger gesammelt haben."

Der NSA-Chef bestätigte damit indirekt einen Bericht des Wall Street Journal, der kurz vor der Anhörung online erschienen war. Darin hieß es, dass die Millionen Telefon-Datensätze auch nicht in Frankreich und Spanien selbst, sondern im Ausland gesammelt wurden – unter anderem in Kriegsgebieten. So waren bereits die mehr als 500 Millionen Datensätze erklärt worden, die vom deutschen Bundesnachrichtendienst (BND) an die NSA gehen sollen.

Der deutsche Auslandsnachrichtendienst wies nun gegenüber der Wochenzeitung Die Zeit auch Spekulationen zurück, er würde in den USA Lauschangriffe unternehmen. "Aus der deutschen Botschaft in Washington wird keine Fernmeldeaufklärung durchgeführt", sagte Gerhard Schindler, der Präsident des BND dem Blatt. Die Washington Post wiederum zitierte ungenannte US-Beamte, denen zufolge der deutsche Nachrichtendienst im Jahr 2008 die Kommunikation von mindestens 300 US-Bürgern oder in den USA lebenden Menschen ins Visier genommen habe.

US-Präsident Barack Obama ist derweil angeblich bereit, künftig auf die Bespitzelung verbündeter Staats- und Regierungschefs zu verzichten. Die Überwachung von Merkels Handy sei außerdem bereits in diesem Sommer gestoppt worden. Unklar ist weiterhin, wann Obama selbst von der Bespitzelung, die schon 2002 begonnen haben soll, erfahren hat. Die Aktion soll auch aus der US-Botschaft in Berlin betrieben worden sein. Wahrscheinlich seien auch Gespräche aufgezeichnet worden. (mit Material von dpa) / (mho)