Cyberkrieg: von der Defensive zur Offensive?

Im amerikanischen Verteidigungsministerium wird ein Strategiewechsel diskutiert: Statt wie bisher vor allem auf die Sicherung der eigenen Computersysteme zu achten, soll sich das Pentagon in Sachen Cyber-Kriegsführung offensiver orientieren.

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Von
  • Thomas Pany

Es wäre ein Paradigmenwechsel: Statt wie bisher vor allem auf die Sicherung der eigenen Computersysteme zu achten, soll sich das Pentagon in Sachen Cyber-Kriegsführung offensiver orientieren, schlagen nach einem Bericht der Los Angeles Times "hochrangige Militärvertreter" vor. Die neue aggressivere Strategie soll demnach Ziele beinhalten wie die Übernahme des Kommandos über feindliche Drohnen, das Herbeiführen von Flugzeugabstürzen oder die gezielte Unterbrechung der elektronischen Versorgung von strategischen Anlagen wie z.B. militärischen Einrichtungen.

Jahrelang habe man davor zurückgeschreckt zu militarisieren, was als Medium für Handel und Kommunikation gilt, schreibt die Zeitung, nun aber würden Experten sowie aktive und ehemalige höhere Dienstgrade im Militär eine "provokante neue Diskussion" im Pentagon forcieren, die die Gewichte verschieben will. Hatten bislang Aufklärung, Bespitzelung und Sicherung der eigenen Systeme Vorrang, so sollen die Kapazitäten von Cyberspace-Operationen künftig mit neuer Zielsetzung erheblich ausgedehnt werden.

Das Umdenken habe durch Berichte über mögliche Cyberangriffe auf georgische Webseiten im Rahmen des Kaukasus-Konflikts neue Nahrung bekommen. Ein kürzlich vom Pentagon publizierter Artikel bestätigt zumindest, dass der kommandierende General des U.S. Northern Command, Air-Force-General Victor E. Renuart Jr., Cyber-Attacken auf Regierungswebseiten in Georgien und in Estland als wichtige "Lektionen" begreift, wobei Renuart allerdings sehr die Sicherung gegen solche Angriffe betont.

Als wichtigste Grundlage für Diskussionen, die eine Strategieänderung im Sinn haben, nennt die Los Angeles Times den 2006 verfassten Bericht "National Military Strategy for Cyberspace Operations", der den Militärs "grünes Licht" für Weiterentwicklungen gegeben habe. Das Strategiepapier forderte größere Veränderungen in der Cyber-Kriegsführung, die der Luftwaffe eine besondere Rolle zuwiesen, zugleich lieferte der Bericht erstmalig eine weitreichende Definition des Verteidigungsministeriums von "Cyberspace" als "ein sehr wirklicher physischer Bereich, der elektronische Systeme und Netzwerke beinhaltet, die elektromagnetische Energie benutzen".

Als der Chef des neugegründeten Air-Force-Cyberspace-Kommandos die Definition im April dieses Jahres ausweitete – "Wir definieren den Bereich als das ganze elektromagnetische Spektrum" – war das für Wired Grund zur spöttischen Annahme, dass künftig "alles von Mikrowellen über Funk, Laser und Röntgenstrahlen [..] und nicht nur Computersystemoperationen, sondern auch elektronische Kriegsführung, elektronischer Kampf und vielleicht sogar gerichtete Energie" zur neuen Domaine des Cyberspace gehören.

Für Michael W. Wynne, der das Cyber-Command für die Air Force im Jahre 2007 ins Leben rief, ist die Cyberkriegsführung etwas eindeutiger. Laut Los Angeles Times hat er einen Soldaten im Sinn, der "invasive Werzeuge hat, mit denen er an eine Antenne feuert und dadurch Informationen eingibt, die Schäden verursachen". ()