Der nächste Netzkonflikt

Alle beklagen den schleppenden Breitbandausbau und die Drosselungsversuche der Telekom. Dabei wartet bereits ein anderer Streit, der noch weit existenzieller werden dürfte.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Robert Thielicke

Alle beklagen den schleppenden Breitbandausbau und die Drosselungsversuche der Telekom. Dabei wartet bereits ein anderer Streit, der noch weit existenzieller werden dürfte.

Die Dateninfrastruktur ist das Rückgrat einer modernen Gesellschaft. So weit, so klar. Nur versteht darunter erstens die Industrie etwas anderes als der private Internet-Nutzer. Und zweitens sind beide Interessen mit den heutigen Technologien nicht in Einklang zu bringen. Damit zeichnet sich ein Konflikt um die Datenleitungen ab, bei dem die Privatkunden durchaus hinten anstehen könnten.

"Wir haben das Internet bisher vor allem auf die Bedürfnisse von Youtube oder Facebook zugeschnitten", erzählte mir Wolfgang Wahlster vom Deutschen Forschungszentrum für Künstliche Intelligenz auf dem Technology Review Innovationskongress, der noch bis Mittwoch in Berlin stattfindet. Wichtig für die Industrie sei in Zukunft nicht maximale Übertragungsrate, um Videos ruckelfrei anzuschauen – sondern die Fähigkeit, Daten extrem schnell zu übermitteln. Das wird umso wichtiger, je stärker sich Herstellungsprozesse vernetzen und je größer die Rolle über das Internet gesteuerter Produktionsprozesse ist. "Wir brauchen ein Echtzeit-Internet", so Wahlster.

Der private Nutzer mag sich nicht daran stören, dass es eine halbe Minute braucht, bis der Download eines Videos startet – solange er es anschließend in HD anschauen kann. Kommt allerdings das Notstopp-Signal für eine über das Internet gesteuerte Maschine auch nur eine Sekunde verzögert, ist der Schaden ungleich größer. Die Industrie 4.0, von der sich viele Unternehmen einen Wettbewerbsvorteil gegenüber asiatischen Konkurrenten versprechen, steht damit auf dem Spiel.

Wer wird sich durchsetzen? Denn beides zusammen geht nicht. Schnelle Reaktionszeit bei gleichzeitig hoher Datenübertragung lässt sich nur zu astronomischen Preisen verwirklichen. Selbst jede einzelne der beiden Anforderungen wird teuer genug, "denn wir brauchen dazu neue Hardware", betont Wahlster. Auf wen also wird die Dateninfrastruktur der Zukunft zugeschnitten?

Die Industrie jedenfalls arbeitet bereits eifrig daraufhin, mit ihren Wünschen zum Netzausbau gehört zu werden. Private Nutzer sind im Gegenzug kaum bereit, Abschläge hinzunehmen. Das hat die heftige Diskussion um die Telekom-Drossel und das Thema Netzneutralität deutlich gezeigt. Der Konflikt wird sich noch verschärfen, wenn Video-on-Demand-Dienste wie beispielsweise Watchever wichtige Spieler in der Unterhaltungsindustrie werden. Darum wird sich der nächste Konflikt rund um das Internet drehen. (bsc)