Großbritannien: Strafverteidiger sollen mehr Honorar bekommen, wenn sich ihr Mandant früh schuldig bekennt

Anwälte kritisieren die Pläne der Regierung als "perverse finanzielle Anreize"

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Die britische Regierung plant eine Änderung der Prozesskostenhilfe, nach der mit öffentlichen Mitteln bezahlte Rechtsanwälte ein höheres Honorar bekommen sollen, wenn sich ihr Mandant schnell schuldig bekennt. Dies soll durch Kürzungen bei solchen Fällen gegenfinanziert werden, in denen ein Verdächtiger sich nicht mit einer Strafe abfinden will. Insgesamt will man durch diese Kürzungen sogar 220 Millionen Pfund einsparen.

Bekennt sich beispielsweise ein der Körperverletzung verdächtiger Prozesskostenhilfeberechtigter vor dem Magistratsgericht schuldig, dann verdient sein Anwalt etwa 17 Prozent mehr, als wenn er das nicht macht. In anderen Fällen liegt der Unterschied sogar bei bis zu 75 Prozent. Die Anwaltsvereinigung London Criminal Courts Solicitors Association (LCCSA) spricht in diesem Zusammenhang von "perversen finanziellen Anreizen" und einem "Affront gegen die Justiz", den auch juristische Laien problemlos erkennen sollten.

Ihrer Rechnung nach müssen manche Anwälte mit Einbußen von bis zu 65 Prozent bei Magistrats- und bis zu 73 Prozent bei Krongerichtsfällen rechnen, wenn sie nicht ihren Mandanten schaden wollen. Letzteres hält man im Justizministerium allerdings für unwahrscheinlich und verweist dazu auf die Berufsregeln für Anwälte, die so etwas streng verbieten. Man gehe, so das Ministerium, nicht davon aus, dass Strafverteidiger diese Grundregel brechen.

Die Kürzungen seien notwendig, um die "Nachhaltigkeit" des Systems zu gewährleisten und sicherzustellen, dass Bedürftigen weiterhin Anwälte auf Kosten der Steuerzahler zur Seite gestellt werden könnten. Mit Gesamtkosten in Höhe von etwa 1,78 Milliarden Pfund jährlich bleibe die britische Prozesskostenhilfe auch nach den Kürzungen "eine der großzügigsten der Welt". Außerdem sei die bisherige Honorarordnung viel zu kompliziert und müsse alleine schon aus diesem Grund dringend reformiert werden.