Prostitution abschaffen – jetzt! – und nie mit den Betroffenen reden

Außer Kontrolle

Alice Schwarzer setzt den Kampf gegen Prostitution fort - mit den üblichen Totschlagargumenten und prominenter Unterstützung. Wer allerdings Stimmen von Betroffenen sucht, wird enttäuscht

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Reinhard Mey, Lisa Fitz, Frank Schätzing, Charlotte Knobloch, Silvana Koch-Mehrin, Ann-Kathrin Kramer, Ranga Yogeshwar ... das sind nur einige der prominenten Erstunterzeichner, die den neuesten Appell gegen die Prostition unterstützen, welcher von Alice Schwarzer initiiert wurde. In ihrem Appell wiederholt Alice Schwarzer mehrheitlich ihre bisherigen Aussagen.

Sie setzt Prostitution in einen Kontext der Sklaverei (was die Utopie einer Abschaffung angeht) und widerspricht damit schon zu Beginn der Ansicht, dass es auch Menschen gibt, die freiwillig der Prostitution nachgehen:

"Das System Prostitution ist Ausbeutung und zugleich Fortschreibung der traditionell gewachsenen Ungleichheit zwischen Männern und Frauen (und Ländern/Kontinenten). Das System Prostitution degradiert Frauen zum käuflichen Geschlecht und überschattet die Gleichheit der Geschlechter. Das System Prostitution brutalisiert das Begehren und verletzt die Menschen-würde von Männern und Frauen – auch die der sogenannt 'freiwilligen' Prostituierten."

In den Forderungen, die Alice Schwarzer erhebt, findet sich denn auch immer wieder eine Vermengung der Themen Frauenkauf, Menschenhandel und Prostitution. Auch wird konsequent auf die Frauen abgehoben, die von Männern gekauft werden. Zwar gibt es anfangs noch einen Alibisatz, der auch auf die "Minderheit der männlichen Prostituierten" abhebt - doch obgleich sich die restlichen Forderungen auf die weltweite Prostitution beziehen, finden sich keine weiteren Bezüge zu männlichen Prostituierten, die besonders in nichteuropäischen Ländern oft zu finden sind.

Interessant ist auch, dass sich lediglich wenige Menschen unter den Erstunterzeichnern finden, die in direkter Form mit dem Thema zu tun haben, sprich: der Prostitution nachgehen. Der Schulterschluss mit Sexarbeitern, die ein gemeinsames Engagement gegen Zwangsprostitution und Menschenhandel bei gleichzeitigem Einsatz für eine selbstbestimmte Prostitution derjenigen befürworten, die dieses Gewerbe freiwillig ausüben möchten, wird nicht gesucht.