Satelliten made in Germany

An der TU Berlin werden Picosatelliten entwickelt, deren Technik weltweit führend ist. Neue, leistungsfähige Kleinsatelliten sollen die Erdbeobachtung für jeden erschwinglich machen.

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An der TU Berlin werden Picosatelliten entwickelt, deren Technik weltweit führend ist. Neue, leistungsfähige Kleinsatelliten sollen die Erdbeobachtung für jeden erschwinglich machen, berichtet Technology Review in seiner aktuellen Ausgabe.

Picosatelliten, wie die in Berlin entwickelten Beesat-Modelle, wiegen nur knapp ein Kilogramm. Sie lassen sich, bei Transportkosten von derzeit rund 20.000 Euro pro Kilo, quasi huckepack an Bord größerer Missionen ins All bringen. „Durch ihr geringes Gewicht kann man mit Kleinstsatelliten einen großen Teil der Transportkosten einsparen“, erklärt Klaus Brieß, Leiter der Abteilung Raumfahrttechnik an der TU Berlin.

Mit ihren BeeSats haben die Berliner derzeit eines der leistungsfähigsten Servicemodule für Kleinstsatelliten entwickelt. In den Würfeln mit nur zehn Zentimetern Kantenlänge sind Bordcomputer, Batterien, das Kommunikationssystem sowie mehrere miniaturisierte Sensoren doppelt ausgelegt, sodass der Satellit bei Ausfall einer Komponente weiter betrieben werden kann. Bisher haben Kleinstsatelliten aufgrund von Platzmangel kaum oder gar keine Redundanz.

Zudem kam in den BeeSats erstmals das derzeit kleinste weltraumtaugliche Reaktionsrad zum Einsatz. Solche Schwungräder werden als Impulsgeber genutzt, um Satelliten in eine bestimmte Lage zu drehen und beispielsweise eine Kamera auf einen bestimmten Punkt auszurichten. Die an der TU Berlin entwickelte Mini-Variante hat ungefähr den Durchmesser einer Fünf-Cent-Münze und wiegt in der leichtesten Ausführung lediglich 12 Gramm. BeeSat-1 war der erste Satellit im Cubesat-Format- maximal 10x10x10 Zentimeter und 1,33 Kilogramm Gewicht - mit aktiver Drei-Achsen-Stabilisierung.

Mit Mini-Satelliten werde man schon bald ganze Netzwerke im All aufbauen können, glaubt Brieß. „Solche Schwärme können kostengünstig zum Beispiel eine viel umfassendere und effizientere Erdbeobachtung vornehmen als ein großer, teurer Satellit, der nur alle 24 Stunden oder alle paar Tage über einen bestimmten Punkt der Erde fliegt“.

Das US-Unternehmen Planet Labs will diese Vision schon bald in die Tat umsetzen. Voraussichtlich in der ersten Jahreshälfte 2014 will die kalifornische Firma einen Schwarm von 28 Kleinstsatelliten ins All schießen und mit ihnen Erdbeobachtung in Fast-Echtzeit zum Discount-Preis anbieten. Den Auftakt gaben im April dieses Jahres die beiden Testsatelliten Dove 1 und 2 mit Kameras, die eine Auflösung von bis zu fünf Metern erlauben – in der Klasse dieser Winzlinge bisher einmalig. Dove 1 ist mittlerweile verglüht, Dove 2 fliegt nach wie vor.

An der TU Berlin laufen indes die Entwicklungsarbeiten für den nächsten technischen Sprung: Beim Projekt S-Net geht es darum, für einen Schwarm von Kleinsatelliten ein intelligentes Kommunikationsnetzwerk aufzubauen, innerhalb dessen die einzelnen Satelliten autonom entscheiden, welches der beste Weg ist, Daten untereinander sowie von und zu Bodenstationen zu übertragen. So etwas funktioniert bisher nur im Bereich von größeren Satelliten-Netzwerken. Voraussichtlich Mitte 2016 sollen vier oder fünf S-Net-Satelliten zu Testzwecken ins All starten.

Nach Ansicht von Robert Twiggs, dem Erfinder des CubeSat-Standards, schöpfen die Berliner dieses Potenzial noch lange nicht aus. „Manche ihrer Technologien sind unglaublich fortschrittlich im Vergleich zu dem, was andere mit Kleinsatelliten machen“, sagt der Raumfahrttechniker, der gegenwärtig an der Morehead State University in Kentucky lehrt. „Warum vermarkten sie das nicht besser? Hätten sie das vor zehn, fünfzehn Jahren konsequenter gemacht, dann wäre die gesamte Raumfahrtindustrie jetzt viel weiter.“

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(wst)