EU-Kommission erwägt Filter gegen Kinderpornographie

Die EU-Kommission erwägt die Aufnahme von Internetsperren gegen Kinderpornographie in den Ratsbeschluss gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern. Das wurde auf einer Konferenz des Europarats zur Cybercrime Convention deutlich.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 292 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Monika Ermert

Die EU-Kommission erwägt die Aufnahme von Internetsperren gegen Kinderpornographie in den Ratsbeschluss gegen die sexuelle Ausbeutung von Kindern. Das sagte Radomir Jansky, Vertreter der Kommission während eines Workshops zum besseren Schutz von Kindern im Netz auf der Europarat-Tagung zur Cybercrime Convention in Straßburg. Noch gebe es keinen Beschluss, aber "Sperrungen sollten nicht tabu sein".

Der Ratsbeschluss stammt aus dem Jahr 2004. Er müsste von den 27 Mitgliedsländern mit einstimmigem Beschluss geändert werden. Solange der Lissabon-Vertrag nicht unterzeichnet wurde, kann dies ohne Mitspracherecht des EU-Parlaments geschehen.

Einige Länder, vor allem in Skandinavien, hätten bereits Sperrungen oder Filtersysteme eingeführt, erläutert Jansky. Andere EU-Mitgliedsländer wie Frankreich und Deutschland seien dabei, passende Gesetze zu schaffen. Die Kommission selbst unterstütze mit CIRCAMP ein Projekt, in dem ein Filtersystem erprobt werde.

Kritik gegenüber den Netzfiltern kam demgegenüber vom niederländischen Rechtswissenschaftler Henrik Kaspersen, einem der Autoren der Cybercrime Convention. Er verwies auf die Ergebnisse einer von ihm veröffentlichten Studie: "Wir sind nicht überzeugt von der Effektivität der Filter, gleichzeitig bescheren Filter aber erhebliche Probleme." Kaspersen warnte vor dem seiner Meinung nach trügerischen Schluss, dass es einen direkten Zusammenhang zwischen dem Sperren von Webseiten und dem Schutz der missbrauchten Kinder gebe. Sperrungen sollten nicht gesetzlich verfügt, sondern privaten Unternehmen überlassen werden.

Der Kölner Strafrechtsexperte Marco Gercke verwies auf die Richtlinien des Europarats für Filtersysteme, in denen wegen der Gefahren für die Meinungsfreiheit vor Filtern gewarnt werde. Schwache Filter hülfen zwar gegen Zufallsfunde, der gezielte Zugriff werde damit aber nicht verhindert. "Niemand würde außerhalb des Internets auf die Idee kommen, dass die Telekom alle Gespräche mithören soll, um Gespräche mit Pädophilen zu stoppen", sagte Gercke gegenüber heise online. Im Internet versage das klassische Rechtsgefühl noch, das bei derartigen Maßnahmen eigentlich anschlagen müsse. Die Maßnahmen gegen Kinderpornographie müssten intensiv diskutiert werden, ein nationaler Alleingang wie in Deutschland ergebe für Gercke wenig Sinn.

Zur Tagung des Europarats zur Cybercrime Convention siehe auch:

(Monika Ermert) / (anw)