Schräge Algorithmen

Wieso bekommen wir bei Berufsnetzwerken wie LinkedIn so vollkommen sinnlose Jobangebote eingeblendet?

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Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Veronika Szentpetery-Kessler

Wieso bekommen wir bei Berufsnetzwerken wie LinkedIn so vollkommen sinnlose Jobangebote eingeblendet?

Ich frage mich seit einiger Zeit, was sich Algorithmen-Programmierer bei Berufsnetzwerken wie Xing und LinkedIn so denken. Denn einige der unübersehbar eingeblendeten Jobempfehlungen sind meilenweit weit weg von allem, was ich kann oder mich interessieren könnte. Mal angenommen, ich würde eine Stelle suchen: Welcher Personaler würde mich ernst nehmen, wenn ich mich als gelernte Biologin und Journalistin auf eine Stelle als SAP-Beraterin oder Java-Programmiererin bei TomTom bewerbe. Hier sind noch ein paar Highlights:

  • „Country Finance Manager“ für die Bekleidungsfirma Abercrombie & Fitch
  • Senior Security Strategist bei Microsoft
  • „Consultant für Rechnungslegung - Banken und Versicherungen“ bei Price Waterhouse Cooper
  • „Head of Legal“ (“central focus on international Corporate and Contractual law”) bei der Kreditech Holding

Ganz schön schräg. Offenbar ist es auch kein bisschen abwegig, dass ich mich nach über zehn Jahren im Beruf noch auf eine PR-Praktikantenstelle bei BASF oder bei der Telekom Praktikant bei der Abteilung „External Reporting“ werde. LinkedIn findet auch, eine weitere Abschlussarbeit – diesmal zum Thema „Protokolle für Cloud-Computing und Internet der Dinge im automobilen Umfeld“ – wäre toll für meine Karriere.

Bei näherem Hinsehen offenbart sich, dass nicht nur die Berufe meiner Kontakte eine Rolle spielen, sondern auch die ihrer Kontakte – bis hin zum dritten Grad der Bekanntheit. Nur weil ich – wie man im Saarland sagen würde – einen kenne, der einen kennt, die eine kennt, die bei Adidas schafft, bekomme ich ziemlich sinnlose Angebote. Würde ich eine Stelle suchen, wäre nur das Durchlesen der Hälfte aller Vorschläge eine profunde Verschwendung meiner Zeit.

Den Vogel hat aber der der LinkedIn-Algorithmus bei meinem Kollegen Stephan Brünig abgeschossen und empfahl ihm eine Stelle als Schreiner. Und da dämmerte es mir. Vielleicht läuft es ja doch so wie bei Amazon: „Wer diesen Beruf ausgeübt hat, wählte auch schon mal jenen hier“. Es muss da draußen eine ganze Reihe von Verlagskaufleuten geben, die plötzlich beschlossen haben, sich als Schreiner zu verwirklichen. (vsz)