1,1 Millionen Telefonate in Berlin abgehört

Die Anzahl der Personen, deren Telefonanschlüsse im Jahr 2008 in Berlin überwacht wurden, ging zwar zurück, die Zahl der abgehörten Telefonate und der überwachten Anschlüsse stieg dagegen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 194 Kommentare lesen
Lesezeit: 2 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Im Bundesland Berlin wurden im vergangenen Jahr 1052 Telefonanschlüsse von 511 Personen überwacht, gab die Senatsverwaltung für Justiz nach der Vorlage des Jahresberichts über die Telefonüberwachung bekannt. Die Überwachung der Telefonanschlüsse erfolgte im Rahmen von insgesamt 157 Strafverfahren.

Wie die Justizsenatorin Gisela von der Aue erklärte, wurden dabei über 1,1 Millionen Telefonate abgehört – im Jahr 2007 wurden noch 937.000 Telefonate abgehört. Die Anzahl der überwachten Telefonanschlüsse liegt um rund ein Fünftel über dem des Vorjahrs. Die Zahl der Personen, deren Telefonanschlüsse überwacht wurden, sank dagegen im Jahresvergleich um 46 Prozent.

Der Bericht zeige, wie die Telefonüberwachung in Berlin eingesetzt werde: "Maßvoll und effektiv", meinte die Justizsenatorin zu dem Bericht. Telefonanschlüsse würden nur bei begründetem Verdacht überwacht. Und viele Strafverfahren würden durch Erkenntnisse aus der Telefonüberwachung beschleunigt und verkürzt, erklärte Oberstaatsanwalt Sjors Kamstra laut dem Tagesspiegel. Der Schwerpunkt bei der Telefonüberwachung liege in Strafermittlungen zu Wirtschafts- und Drogenkriminalität sowie die Verfolgung von Straftaten wie Raub und Erpressung.

Dass die Anzahl der abgehörten Telefonate und überwachten Anschlüsse gestiegen, die Anzahl der überwachten Personen aber abgenommen habe, erklärte von der Aue ganz einfach mit dem veränderten Kommunikationsverhalten der Verdächtigen: "Durch die zunehmende Verbreitung von Prepaid-Handys verfügen verdächtige Personen oft über mehrere Mobiltelefone. Zudem erfasst die Statistik aus technischen Gründen nicht nur tatsächlich hergestellte Verbindungen, sondern auch den versuchten Verbindungsaufbau."

Die Einschätzung der Justizsenatorin mochte die Berliner Opposition so nicht teilen: "Es ist unseriös, wenn die Justizsenatorin die Telefonüberwachungspraxis in Berlin als 'maßvoll und effektiv' bezeichnet", kommentierte Björn Jotzo, datenschutzpolitischer Sprecher der FDP im Berliner Abgeordnetenhaus, laut dem Tagesspiegel. Mit der jetzt erreichten Zahl von mehr als einer Million abgehörten Telefonaten sei "der Trend der letzten Jahre zu immer mehr überwachten Gesprächen ungebrochen". (jk)