World Intellectual Property Organization bekommt neuen Chef

Die unter anderem für Regelungen zum geistigen Eigentum und internationale Patent- sowie Urheberrechtsvereinbarungen zuständige UN-Organisation will mit ihrer entwicklungspolitischen Agenda für einen Ausgleich im Bereich des geistigen Eigentums sorgen.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 6 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Monika Ermert

Der Australier Francis Gurry wird neuer Generaldirektor der World Intellectual Property Organisation (WIPO), der für das geistige Eigentum zuständigen Organisation der Vereinten Nationen (UN). Gurry setzte sich überraschend schnell im vierten Wahlgang durch, nachdem zahlreiche Bewerber aus aller Welt ihre Kandidaturen zurückgezogen hatten. Mit Gurry tritt ein ausgewiesener Experte für alle Fragen des geistigen Eigentums an die Spitze der zuletzt vom Streit um den bisherigen WIPO-Chef Kamil Idris zerrütteten Organisation. Gurry unterstrich in einer ersten Reaktion, er wolle die Organisation wieder einen.

Laut einem Bericht des Fachmagazins Intellectual Property Watch über Gurrys "Siegesrede" unmittelbar nach der Wahl nannte der Australier die WIPO in erster Linie eine "Dienstleistungsorganisation". Unter anderem können bei der WIPO Marken (Madrider Abkommen über die internationale Registrierung von Marken), gewerbliche Muster und Modelle (Haager Musterabkommen) und Herkunftsbezeichnungen registriert werden. Auf der Basis des Patent Cooperation Treaty (PCT) können Patente angemeldet werden, die Gültigkeit in allen derzeit rund 140 PCT-Vertragsstaaten haben. Daneben berät die WIPO die Mitgliedsstaaten in Fragen der Gesetzgebung zum geistigen Eigentum, darunter auch zu Fragen von Ausnahmeregelungen von TRIPS (Agreement on Trade-Related Aspects of Intellectual Property Rigths).

Die neue, mit viel Druck aus den Entwicklungsländern durchgesetzte entwicklungspolitische Agenda der WIPO soll für einen stärkeren Ausgleich im Bereich des geistigen Eigentums führen. Gurry nannte eine robuste entwicklungspolitische Agenda ebenfalls als wichtige Aufgabe für seine Amtszeit. Diese kann mit der Ernennung durch die WIPO-Vollversammlung der Mitgliedsstaaten am 1. Oktober beginnen.

Erst massiver Druck, insbesondere von Seiten der USA und anderer westlicher Staaten, hatten die Neuwahl erzwungen. Die Mitgliedsstaaten hatten bei der Vollversammlung im vergangenen Jahr den Haushalt der Organisation gesperrt, nachdem der derzeit noch amtierende WIPO-Chef Idris Vorwürfe zu Unregelmäßigkeiten in der Organisation aus Sicht der Kritiker nicht ausreichend widerlegen konnte. Idris kündigte daraufhin im November vergangenen Jahres seinen Rückzug an. Unter seiner Leitung, so klagten Vertreter einzelner Mitgliedsstaaten außerdem, hätten persönliche Beziehungen bei Personalentscheidungen häufig eine größere Rolle gespielt als fachliche Qualifikation.

Bei der Wahl konkurrierte der bereits seit 1985 bei der WIPO tätige Gurry – er war zuletzt Vizegeneraldirektor und ist IT-Fachleuten auch als Leiter der WIPO-Schlichtungsstelle, die auch Dispute um Domain-Namen entscheidet, bestens bekannt – mit seinem brasilianischen WIPO-Kollegen Jose Graca Aranha. Aranha ist Direktor im WIPO International Registration Department. Die beiden trennte am Ende eine einzige Stimme, Gurry kam auf 42, Aranha auf 41 Stimmen. Insgesamt hatten sich 15 Bewerber zur Wahl gestellt, doch schon in Runde drei zogen zahlreiche Kandidaten zurück. (Monika Ermert) / (jk)