Regen bringt Segen

Ein chinesischer Wissenschaftler hat vorgeschlagen, Feinstaub mit künstlichem Regen aus der Luft zu waschen. Klingt nach technokratischem Unfug, hat aber Chancen auf Verwirklichung.

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Ein chinesischer Wissenschaftler hat vorgeschlagen, Feinstaub mit künstlichem Regen aus der Luft zu waschen. Klingt nach technokratischem Unfug, hat aber Chancen auf Verwirklichung.

Die Geschichte hat mich sofort an Blade Runner erinnert. Für die jüngeren, die den Film nicht schon zehn mal gesehen haben: Das Werk von Regisseur Ridley Scott, das 1982 ins Kino kam, gilt noch immer als stilbildende Mischung von Science Fiction und Film Noir. Was damit zu tun haben könnte, dass es in diesem Film eigentlich fast immer dunkel ist und regnet - obwohl die Geschichte im Los Angeles des Jahres 2019 spielt.

Warum es da ständig regnet, bleibt unklar. Der Autor Philip K. Dick, auf dessen Geschichte „Träumen Androiden von elektrischen Schafen“ der Film beruht, hat in seiner Story nichts davon geschrieben. Der Chemiker Shaocai Yu hat nun in der Fachzeitschrift Environmental Chemistry Letters einen Artikel veröffentlicht, der genau diese Frage klärt. Es regnet ständig, damit der Smog aus der Luft gewaschen wird.

Kein Scherz. Die Konzentration ultrafeiner Partikel in der Luft hat am 12. Januar 2013 in Peking eine Rekordkonzentration von 993 Mikrogramm PM2.5-Teilchen pro Kubikmeter Luft. Durchaus üblich sind Konzentrationen von 250 Mikrogramm pro Kubikmeter. Das ist immer noch fünfmal so viel wie der europaweite Grenzwert.

Yu hat in seinem Artikel untersucht, wie effektiv Regen diesen Feinstaub aus der Luft waschen kann. Und er verweist darauf, dass Kollegen bereits 2006 eine Formel angegeben haben, mit der sich die Effizienz dieses Auswaschungsprozesses sogar berechnen lässt. Seine Idee: Man könnte doch einfach auf dem Dach von Hochhäusern Beregnungsanlagen installieren, die einmal am Tag für ungefähr eine Stunde Wassertröpfchen in die Luft pusten.

Das einzige Problem: Wie gut das Feinstaub-Auswaschen funktioniert, hängt empfindlich von der Größe der Tröpfchen ab. Werden die zu klein, kann das die Belastung eher vergrößern, denn dann bildet sich ein feiner Smog.

Yu ist rotzdem optimistisch, dass die Sache funktioniert. Man müsse eigentlich nur die Tröpfchengröße an die Höhe der Hochhäuser und die aktuellen Wetterbedingungen anpassen - dann ginge das schon. Außerdem werde die Feinstaubbelastung ohnehin stündlich gemessen. Man könne die Maßnahme also leicht anpassen, wenn etwas nicht funktioniert. Das stärkste Argument aber für ihn ist: Das ganze würde weniger kosten, als die Vermeidung von Emissionen.

Bis zu dieser Stelle im Text habe ich noch gedacht, das sei ja nun wieder einer von diesen total unrealistischen Geoengineering-Plänen, die ja doch nie umgesetzt werden. Aber das Argument mit den Kosten könnte den einen oder anderen KP-Funktionär durchaus überzeugen. Kann also gut sein, dass es in Peking wirklich bald jeden Tag regnet. (wst)