Mit Software gegen Bildfehler

Kanadische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, das auch aus kostengünstigen Smartphone-Bildsensoren scharfe Aufnahmen herausholen soll.

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Kanadische Forscher haben ein Verfahren entwickelt, das auch aus kostengünstigen Smartphone-Bildsensoren scharfe Aufnahmen herausholen soll.

Der Trend in der Fotografie geht weg vom eigenen Fotoapparat mit ordentlicher Linsenauswahl hin zum Handy-Kameramodul, das man stets dabei hat – schließlich ist der beste Apparat immer der, den man auch einsetzen kann, wenn man ihn braucht. Zwar wird die Smartphone-Fototechnik immer besser und hochauflösender, zudem fangen die Geräte mittlerweile auch gute Bilder bei schlechteren Lichtverhältnissen ein.

Doch die in Smartphones integrierten Bildsensoren und Objektive haben im Vergleich zur in großen digitalen Spiegelreflexkameras (DSLRs) und anderer Prosumer-Hardware verbauten Technik trotzdem nach wie vor eine geringere Qualität. Das ist nicht nur eine Frage der Kosten – es ist oft schlicht nicht genügend Platz in den dünnen Gehäusen für eine hochwertige Optik vorhanden.

Bildsensoren von Mobilgeräten bieten selten optimale Aufnahmeeigenschaften.

(Bild: UBC)

Forscher an der University of British Columbia (UBC) haben deshalb nun einen Bildverbesserungsalgorithmus entwickelt, der auch Handy-Schnappschüsse stets optimal aufbereiten soll. "Wir schlagen eine neue Methode vor, die es erlaubt, Bilder einer einfachen Optik ohne Kompensation in einem zusätzlichen Schritt nach der Aufnahme zu korrigieren", so die Wissenschaftlergruppe.

Das Verfahren geht insbesondere gegen Abbildungsfehler, Artefakte und Unschärfen vor, die die Kompakttechnik der Smartphone-Kameras mit sich bringt. Dazu wird zunächst das vorhandene Objektiv optisch vermessen und digital erfasst – der Algorithmus weiß also, wo Probleme auftreten können. So lassen sich nach der Aufnahme vorhandene Fehler mittels Punktspreizfunktionen (PSFs) wieder herausrechnen. PSFs beschreiben in Optik und Bildbearbeitung, wie sich Abbildungsfehler auf das Endergebnis einer Aufnahme auswirken können.

Der Vergleich: Bilder nach der Bearbeitung.

(Bild: UBC)

"Unser System schätzt die Punktspreizfunktionen eines bestehenden optischen Systems so verlässlich, dass qualitativ hochwertige Bilder auch durch schlecht arbeitende Linsen eingefangen werden können", schreiben die Forscher. "Computational Photography" nennen sie die Entwicklung.

Im Vorher-Nachher-Vergleich ergibt sich so ein schärferes und farblich stimmigeres Bild. Dazu montierten die Forscher eine Einzellinse auf eine Demonstrationskamera, in diesem Fall eine DSLR. So konnten sie Vergleichsbilder anfertigen.

An Aufnahmen digitaler Spiegelreflexkameras kommt die Technik aber kaum heran, zumal das Ergebnis teilweise überzeichnet wirkt. Bei Blenden über f/2 kommt es zudem zur Beschädigung einzelner Bildbestandteile. Und Wunder beherrscht der Algorithmus auch nicht: Die Nachbearbeitung liefert immer noch ein schlechteres Bild als eine Profikamera mit guter optischer Ausrüstung.

Der Algorithmus der UBC-Forscher analysiert jedes Bild individuell.

(Bild: UBC)

Sollte die Technik der UBC-Entwickler in Serie gehen, könnte sie den zum Teil hochkomplexen Aufbau aktueller Handy-Kameras potenziell vereinfachen. Bei diesen werden oft eine ganze Anzahl optische Elemente verwendet und vor die Linse gepackt, um Fehler bei der Bildgeometrie des Objektivs und damit einhergehende chromatische Aberrationen auszugleichen. Auch Unschärfen werden so entfernt. Eine Kamera, die den UBC-Algorithmus durchgehend nutzt, könnte dagegen mit einer sehr simplen Optik auskommen, die wesentlich billiger und auch leichter ist. Die Software erledigt also den Job, den vorher die Hardware übernommen hatte. Das gilt nicht nur für Smartphones, sondern auch für Standalone-Kameras.

An der Forschungsvorhaben der University of British Columbia waren auch deutsche Computerwissenschaftler beteiligt, darunter Andreas Kolb und Björn Labitzke von der Uni Siegen. Grundlagen der Technik wurden zuvor am Max-Planck-Institut für Intelligente Systeme in Tübingen gelegt. Hier entstand im Jahr 2011 ein Verfahren zur Objektivkorrektur, das ebenfalls Software-basiert mit Punktspreizfunktionen arbeitet. Auch hier ging es um die Vereinfachung bestehender Systeme, wie es in einem Paper heißt: "Scharfe Bilder mit einer Auflösung von mehreren Megapixel benötigten bislang stets qualitativ hochwertige Linsen." Ein zusätzlicher Kalibrierungsschritt könne Fehler auch nachträglich ausbügeln. (bsc)