WIPO warnt vor negativen Effekten des Patentsystems

Solange das Patentsystem motiviere, Techniken in Standardisierungsprozesse einzubringen, gingen Patentsystem und Standardisierung Hand in Hand: "Werden Patente aber eingesetzt, um die Verbreitung von Standards zu behindern", gerate dies aus den Fugen.

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Von
  • Monika Ermert

Patente können sich negativ auf die Umsetzung von Standards auswirken, warnt eine Studie der World Intellectual Property Organisation (WIPO) zum Verhältnis von "Standards und Patenten". Sie soll bei einer heute beginnenden Tagung des WIPO-Patentausschusses diskutiert werden.

Die Debatte der verschiedenen Spezialthemen, unter anderem geht es auch um "Ausnahmen und Schranken" bei der Patentierung, soll in einen Beschluss über das weitere Arbeitsprogramm des Ausschusses münden. Der WIPO-Patentausschuss war mehrfach gescheitert beim Versuch, Einigkeit über eine Harmonisierung internationaler Patentpolitik herzustellen.

Solange das Patentsystem Unternehmen motiviert, ihre Technologien in den Standardisierungsprozess einzubringen und der bestmögliche Standard am Ende umgesetzt wird, gehen Patentsystem und Standardisierung Hand in Hand, schreiben die Experten bei der WIPO. "Werden Patente aber eingesetzt, um die Verbreitung von Standards zu behindern", gerate das Zusammenspiel aus den Fugen.

Das WIPO-Sekretariat hat gleich mehrere Szenarien dafür aufgelistet, was schiefgehen kann. Patentansprüche würden zum Beispiel erst nach der Verabschiedung eines Standards offengelegt, gleichzeitig verweigere der Patentinhaber faire Lizenzbedingungen für andere Unternehmen. Damit sei die Wettbewerbsverzerrung perfekt. Möglicherweise nehme der Patentinhaber an der Standardisierungsarbeit gar nicht einmal teil und verweigere anschließend grundsätzlich eine Lizenzierung. Selbst faire Lizenzkosten könnten zudem den Einsatz eines Standards erschweren, etwa wenn gleich mehrere Patentinhaber die Hand aufhielten.

Offene Standards seien gerade in der Hightech, etwa im IT-Bereich, sehr erwünscht, schreibt die WIPO. Die verschiedenen Standardisierungsorganisationen reagierten laut der WIPO sehr unterschiedlich auf das Patentproblem. Bei der International Telecommunication Union (ITU) etwa werde eine Arbeitsgruppe aufgefordert, einen geplanten Standard zu überdenken, wenn ein Patentinhaber nicht eine lizenzfreie Nutzung oder eine diskriminierungsfreie und angemessene Lizenzierung (RAND) beziehungsweise eine faire, diskriminierungsfreie und angemessene Lizenzierung (FRAND) in Aussicht stelle. Ähnliche Patentregeln gälten auch für die ISO. Etwas flexibler sei die Patentpolitik des European Telecommunications Standardisation Institute (ETSI).

Ob gesetzliche Maßnahmen Abhilfe für die gegenwärtigen Probleme des Patentsystems schaffen sollten, darüber gehen die Meinungen laut der WIPO-Studie auseinander. Möglicherweise könnten entsprechende Schrankenregelungen Abhilfe schaffen: Sie verhinderten zwar die Patentierung nicht, schränkten aber die Durchsetzung der Patentansprüche ein. Auch im WIPO-Bericht über Schranken und Ausnahmen von der Patentierbarkeit bleiben negative Effekte von Patenten nicht unerwähnt. "Umfassende und unbeschränkte Exklusivrechte dienen nicht immer dem Ziel, Innovation zu fördern und das Allgemeinwohl zu mehren", heißt es. Klarere Schrankenregelungen für das Patent- wie das Urheberrecht stehen seit Langem auf der Agenda von Patentkritikern, aber auch Entwicklungsländern. (Monika Ermert) / (jk)