Österreich: Neue Rechtsprechung zu Urheberrechtsabgabe auf Festplatten kündigt sich an

Zweimal hat Österreichs Oberster Gerichtshof (OGH) Urheberrechtsabgaben auf Festplatten abgelehnt. Die aktuelle dritte Entscheidung lässt eine neue Linie in der Rechtsprechung erahnen.

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Die Verwertungsgesellschaften fordern bis zu 43,74 Euro "Leerkassettenvergütung" pro Festplatte. 2005 und 2009 hatte der OGH ähnliche Verlangen abgewiesen. Beim dritten Anlauf könnten die Verwertungsgesellschaften Erfolg haben: Diesmal hat der OGH zwar keine Entscheidung in der Sache getroffen, sondern den Fall zurück an die erste Instanz verwiesen (4 Ob 138/13t). Die Begründung deutet aber darauf hin, dass der OGH seinen Standpunkt geändert hat.

Das laufende dritte Verfahren wurde im Oktober 2010 von HP anstrengt, um Rechtssicherheit zu schaffen. Nach dem Handelsgericht Wien entschied auch das Oberlandesgericht Wien erneut gegen die Verwertungsgesellschaften. Es berief sich dabei auf die OGH-Entscheidung aus 2005. Das ist in aller Regel auch im Sinne des OGH.

Diesmal läuft der Hase aber anders: "Seit der (OGH-Entscheidung aus 2005) haben sich die technischen Gegebenheiten und die Nutzergewohnheiten verändert, weshalb eine neuerliche Prüfung des Sachverhalts notwendig ist", heißt es in einer Mitteilung auf der Website des Gerichtshofs. (Der Volltext der Entscheidung liegt noch nicht vor) Solche Erhebungen sind nicht Aufgabe des OGH, weshalb der Fall zurück an die erste Instanz geht.

Aber der OGH stellt auch gleich Leitlinien auf. Er verweist auf die inzwischen ergangene Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs (EuGH) wonach Urhebern ein "gerechter Ausgleich" für Privatkopien unter Berücksichtigung der besonderen Umstände des Einzelfalls zu gewähren ist (EuGH C-521/11 Amazon.com International Sales gegen austro mechana). Nur bei geringfügigem Nachteil für den Rechtsinhaber könne die Zahlungsverpflichtung entfallen.

Dass Festplatten neben der Speicherung von Kopien auch viele andere Funktionen erfüllen sei kein Grund, die Leerkassettenvergütung zur Gänze auszuschließen. Diese Multifunktionalität sei bei der Höhe des Tarifs zu berücksichtigen. Damit verlässt der OGH seine seit 2005 bekannte Linie. Bisher war genau diese Multifunktionalität der Grund gewesen, warum in Österreich für Festplatten keine Leerkassettenvergütung zu bezahlen war.

Laut Verwertungsgesellschaften werden auf knapp der Hälfte der Festplatten österreichischer Haushalte geschützte Audio- oder Videoinhalte gespeichert. Sollte das zutreffen, sähe der OGH Nutzung in relevantem Ausmaß und damit eine Zahlungspflicht. Ob die beschriebene Nutzung wirklich gegeben ist, muss nun das Handelsgericht Wien feststellen. Gleichzeitig soll es prüfen, ob das österreichische Vergütungssystem der Rechtsprechung des EuGH entspricht und einen "gerechten Ausgleich" schafft. (jo)