OLG Hamburg: RapidShare haftet als Mitstörer für Urheberrechtsverletzungen [Update]

Das Oberlandesgericht Hamburg sieht die Maßnahmen, die der File-Hoster gegen Urheberrechtsverletzungen bislang ergriffen hat, als unzureichend an.

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Von
  • Joerg Heidrich

Nach einem Urteil des Hanseatischen Oberlandesgerichts Hamburg haftet der File-Hoster RapidShare als Mitstörer für Urheberrechtsverletzungen, die von Nutzern über den Dienst begangen wurden (Az.: 5 U 73/07). Zwar sei der Provider nicht verpflichtet, sämtliche eingestellten Inhalte auf Rechtsverstöße zu überwachen. Erlange der Dienst jedoch Kenntnis von derartigen Verletzungen, müsse er sie durch technisch mögliche und zumutbare Maßnahmen künftig so weit wie möglich verhindern. Das, was RapidShare dazu bislang unternommen hatte, sah das Gericht als unzureichend an.

Antragstellerin des Verfahrens war ein weltweit agierender Hersteller von Hard- und Softwareprodukten für den privaten und gewerblichen Anwendungsbereich. Dieser hatte zunächst in der ersten Instanz RapidShare erfolgreich verboten, an der Verbreitung von zwei Softwareversionen mitzuwirken. Das OLG Hamburg bestätigte nun diese Rechtsauffassung und fand dabei klare Worte: Danach habe das Geschäftsmodell von RapidShare "nicht den Schutz der Rechtsordnung verdient". Keine Rechtsordnung könne es hinnehmen, dass "tagtäglich allein über eine einzige Internetseite sehenden Auges Rechtsverletzungen" in erheblichem Umfang begangen werden.

RapidShare sei grundsätzlich als Betreiber eines Teledienstes rechtlich mitverantwortlich für rechtswidrige Nutzungshandlungen, die über den Dienst vorgenommen werden. Dort würden durch das Hochladen, Speichern und Weiterverbreiten nicht autorisierter Kopien urheberrechtlich geschützter Software erhebliche Urheberechtsverletzungen begangen. Zwar könne dem Betreiber eine flächendeckende Kontrolle ohne Beschränkung auf einzelne Nutzer noch vor dem ersten Hochladen nicht zugemutet werden, da dies möglicherweise das gesamte Geschäftsmodell in Frage stellte. Anders sei es jedoch in den Fällen, in denen der Betreiber bereits von einer Rechtsverletzung wisse.

Dabei könne sich der Betreiber nach Ansicht der Richter nicht darauf beschränken, nur "reaktiv" tätig zu werden. Vielmehr müsse er auch nach dem Willen des Gesetzes "pro-aktiv" eingreifen. Die dabei bereits von RapidShare getroffenen umfangreichen Maßnahmen wie die Einrichtung eines MD5-Filters, die Einrichtung einer Abuse-Abteilung sowie die Überprüfung der Dateinamen auf bestimmte Wörter und Wortkombinationen seien nicht ausreichend. Gleiches gelte für die Rechteinhabern eingeräumte Möglichkeit eines Zugangs zum Lösch-Interface des Dienstes und die Kontrolle von Raubkopierer-Websites.

RapidShare müsse es möglich machen, künftige Urheberechtsverletzungen vollständig zu unterbinden oder zumindest "Wiederholungstäter" zu identifizieren. Dazu könne RapidShare etwa eine Nutzung des eigenen Dienstes mit dynamischen IP-Adressen ausschließen und die Nutzer verpflichten, statische IP-Adressen ohne Zwischenschaltung eines Proxy-Servers zu verwenden. Alternativ könne der Hoster weiterhin dynamische IP-Adressen zulassen, "wenn sich diese Nutzer freiwillig einem Registrierungsverfahren unterwerfen und dadurch ihre Identität jedenfalls im Verletzungsfall feststellbar gemacht haben".

Eine solche Identifikation sei RapidShare zumutbar, und zwar selbst dann, wenn das Geschäftsmodell bedroht und künftige Nutzer abgeschreckt würden. Denn das Geschäftsmodell der Antragsgegner verdiene jedenfalls insoweit keinen rechtlichen Schutz, als es dazu geeignet ist, vielfältige, anonyme und nicht nachvollziehbare Rechtsverletzungen im Internet zu ermöglichen.

Die sehr ausführlich begründete Entscheidung des OLG Hamburg bestätigt erneut die harte Linie der Hamburger Gerichte in Fällen der Mitstörerhaftung bei Urheberrechtsverletzungen. Sie steht in einem erheblichen Widerspruch etwa zu einer Entscheidung des OLG Köln, das ein weitaus geringeres Maß an Prüfungspflichten für ausreichend hält.

Update: Professor Nikolaus Forgó vom Institut für Rechtsinformatik der Uni Hannover kritisierte gegenüber heise online das Urteil insbesondere hinsichtlich der datenschutzrechtlichen Ausführungen.

Es sei mit den datenschutzrechtlichen Grundsätzen der Datensparsamkeit und der Datenvermeidung nur schwer vereinbar, einem Unternehmen, das diese Grundsätze umsetzt, gleichzeitig vorzuwerfen, es verdiene nicht "den Schutz der Rechtsordnung nicht". Dies gelte um so mehr, als dass sehenden Auges die Datenschutzinteressen Betroffener gefährdet werden könnten. Zudem sei es nach Ansicht von Forgó bedauerlich, dass in dem Urteil jede Wertung dazu fehle, inwiefern die deutsche Rechtsprechung eine europäische Insellösung zu Lasten deutscher Anbieter darstellt, die europarechtlich nicht geboten ist. (Joerg Heidrich) / (anw)