Kommentar: Ein guter Tag für Android – und ein Hinweis auf Googles Zukunft

Der Verkauf von Motorola an Lenovo nutzt Android. Und er zeigt, dass Google sich nicht mit so etwas unspektakulärem wie Handys aufhalten möchte, sondern sich fürs nächste Jahrzehnt aufstellt.

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(Bild: Achim Barczok)

Für Android-Nutzer sind Googles Verkauf von Motorola an Lenovo – und wichtiger die jetzt bekannt gewordene engere Zusammenarbeit mit Samsung – ein gutes Zeichen. Samsung rückt davon ab, sich mit eigenen Anpassungen der Android-Bedienoberfläche von der Konkurrenz absetzen zu wollen, Google verzichtet darauf, mit eigener Hardware die anderen Android-Hersteller zu verärgern. Lenovo bekommt eine in den USA starke Marke, Motorola bekommt einen starken Partner.

Vielleicht spüren alle Beteiligten auch den zunehmenden Druck von Windows Phone, das in einigen Märkten schon die iPhones überholt. Eine Ursache des langsamen Erfolgs von Microsoft mag die klare, einheitliche Oberfläche sein, im Unterschied zum Abenteuer Android, das auf jedem Smartphone anders ausgeht.

Ein Kommentar von Jörg Wirtgen

Schreibt seit 1999 für c't und heise online, anfangs über Mainboards und Prozessoren, dann Notebooks, seit vielen Jahren nun über Smartphones und Tablets. Daneben beschäftigen ihn Android-Programmierung und die Synchronisation des ganzen Geräteparks.

Schlecht sieht es dagegen für die alternativen Systeme wie Firefox OS, Ubuntu und Tizen aus: Ein starkes Argument für sie sind die günstigen Geräte, doch da wird Android mithalten können: Schon jetzt hat das Moto G ein gutes Preis-Leistungs-Verhältnis, ohne dass Motorola die gigantischen Produktionskapazitäten von Lenovo im Hintergrund hat.

Auch dürfte Samsungs Entscheidung, weniger eigene Software zu programmieren, die Preise drücken. Bleibt als Argument die von Mozilla und Ubuntu gerne angeführte Freiheit, doch dagegen tritt CyanogenMod mit dem Versprechen an, diese Freiheit auf einer viel größeren Zahl von Geräten zu ermöglichen. Auch dürften damit die letzten Bestrebungen Lenovos gestoppt sein, das finanziell angeschlagene Blackberry zu kaufen, stellt doch nun Motorola den Weg in die USA dar.

Wie viele Milliarden US-Dollar Google mit dem Verkauf von Motorola an Lenovo verliert, ist Erbsenzählerei. 12,5 Milliarden US-Dollar Kaufpreis abzüglich der 2,91 Milliarden von Lenovo und 2,35 Milliarden für die 2012 abgestoßene Home-Sparte, abzüglich eines für Außenstehende eh nicht zu beziffernden Werts der Patente? So viel ist das doch nicht im Vergleich zu Googles Käufen an Roboter- und Heimtechnik fürs nächste Jahrzehnt, die sich auf weit über 15 Milliarden US-Dollar summieren dürften.

Und das ist das Ziel, das Google wirklich im Sinn hat: die nächsten Jahrzehnte. Zwar ist es natürlich verfrüht, das Ende der Smartphones einzuleiten, aber sie dürften vermehrt Konkurrenz von Datenbrillen und Smartwatches bekommen, in weiterer Zukunft vielleicht von Erfindungen wie Kontaktlinsen mit Displays.

Google will sich offenbar für diese Zeit vorbereiten – nicht die unspektakuläre Herstellung von profanen Massengütern ist das langfristige Geschäftsmodell, sondern selbst fahrende Autos, Roboter, intelligente Haustechnik, Datenbrillen – und die Generierung von Werbeeinnahmen dadurch. (jow)