NSA-Skandal: USA spionierten Klimagipfel aus - und profitierten
Vor knapp vier Jahren blicke die Welt nach Kopenhagen. Dort sollte ein neues Klimaschutzabkommen ausgehandelt werden. Doch der Gipfel scheiterte, offenbar auch, weil die USA die Teilnehmer und Gastgeber ausspioniert hatten.
Die NSA hat auch die UN-Klimakonferenz 2009 in Kopenhagen (COP15) und dort anwesende Staatsvertreter ausspioniert. Das berichtet die dänische Tageszeitung Dagbladet Information unter Berufung auf Dokumente aus dem Fundus des Edward Snowden. Darin verspricht die NSA, "Politiker weiterhin mit einzigartigen, rechtzeitigen und wertvollen Einblicken in die Vorbereitungen und Ziele entscheidender Staaten" zu versorgen. Verwiesen wird auf Absprachen zwischen China und Indien sowie auf einen dänischen Rettungsvorschlag. Auch wenn es nach einigen Enthüllungen nicht mehr überrascht, dass auch dieser Gipfel Spionageziel war, so breitet die Zeitung doch Details aus, die die Vorteile für die USA – die als Klimasünder Nummer 1 besonders im Fokus standen – aufzeigen.
Wie die Zeitung erläutert, ruhte 2009 jede Menge Hoffnung auf dem Gipfel in der dänischen Hauptstadt. Dort ging es darum, einen Folgevertrag für das Kyoto-Protokoll zur Reduzierung des weltweiten Kohlenstoffdioxid-Ausstoßes auszuhandeln. Grob gesagt standen sich dabei die Industriestaaten und aufstrebende Schwellenländer gegenüber. Während erstere Verpflichtungen für alle verlangten, wollten letztere stärkere Zusagen der Industrieländer, um ihr eigenes Wirtschaftswachstum nicht zu gefährden. Bei dem Treffen, das mit mehr als 10.000 Delegierten eines der größten in der Geschichte der Diplomatie war, sei deshalb den dänischen Veranstaltern als Vermittler eine besondere Bedeutung zugekommen.
Besonders wichtig sei hierbei ein geheimes Papier der Dänen gewesen, mit dem der Gipfel gerettet werden sollte, wenn sich die beiden Seiten nicht annähern konnten. Darin sei das Land US-amerikanischen Interessen entgegen gekommen und genau deswegen habe es aber nicht zu Vertretern der USA durchdringen dürfen. Ansonsten hätten die sich einfach bei den Verhandlungen zurückhalten können, im Wissen dass am Ende aus anderer Hand ein Vorschlag gemacht werden würde, der ihnen in die Hände spielt. Die Dänen hätten deshalb bei jedem ihrer Meetings die Texte wieder eingesammelt, um eine Weitergabe zu verhindern. Gleichzeitig habe es aber für die elektronische Variante keinerlei Sicherheitsvorkehrungen gegeben, weswegen die etwa zwischen den dänischen Ministerien unverschlüsselt "hin und her gemailt" wurde.
Das nun enthüllte NSA-Dokument deutet nun an, dass die USA dieses dänische Papier schon lange vor dem Gipfel in der Hand hatten und ihre Verhandlungsstrategie daran anpassen konnten. Es sei aber nicht sicher, dass sie es wirklich von der NSA erhalten hätten, immerhin hätten es die Dänen kurz vor Gipfelbeginn einigen Staaten übergeben. Aber zur vermuteten NSA-Spionage befragt, hätten sich nun einige Gipfelteilnehmer daran erinnert, dass die Vertreter der USA – aber auch Chinas – immer sehr informiert gewirkt hätten. "Ich war oft komplett verblüfft von dem, was sie wussten", lässt sich einer zitieren. John Nordbo vom dänischen WWF erinnert sich, dass die US-Amerikaner sehr selbstsicher gewesen seien und sich verhalten hätten, als wüssten sie, dass sie ihren Willen bekommen würden.
Über Spionage hatten sich die Veranstalter bei dem Gipfel offenbar keine Gedanken gemacht. Auch dort seien Nachrichten mit vertraulichen Informationen unverschlüsselt verschickt worden. Davor sei man auch nicht gewarnt worden, sagt ein Teilnehmer. Bereits in einem 2010 erschienen Buch habe der dänische Journalist Per Meilstrup aber berichtet, dass dänische Vertreter oft überrascht waren, dass Verhandlungspartner Informationen hatten, die nur hinter verschlossenen Türen besprochen worden waren, schreib Dagbladet Information.
Der Gipfel selbst scheiterte, auch wenn sich die Staaten auf einen Minimalkonsens einigen konnten. Es wurden keine verbindlichen Reduktionsziele vereinbart und jedes Land konnte seine eigenen festlegen. Im Fall der USA seien das dann die 4 bis 6 Prozent unter dem Level von 1990 gewesen, die das Land auch ursprĂĽnglich vorgeschlagen hatte. (mho)