Südsudan: Volksgruppenkrieg zwischen Dinka und Nuer voll entbrannt

Über 80.000 Menschen auf der Flucht

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UN-Generalsekretär Ban Ki-Moon hat eingeräumt, dass viele Opfer des am 15. Dezember ausgebrochenen Bürgerkrieges im Südsudan aufgrund ihrer ethnischen Zugehörigkeit attackiert oder vertrieben wurden. Vorher hatten europäische und US-amerikanische Medien die bewaffneten Auseinandersetzungen als bloßem Machtkampf zwischen dem Präsidenten Salva Kiir und seinem im Juli entlassenen Vizepräsidenten Riek Machar dargestellt. Salva Kiir gehört der Volksgruppe der Dinka an, Riek Machar derjenigen der Nuer. Diese beiden wichtigsten Volksgruppen im Südsudan pflegen eine Erbfeindschaft, die sich sogar in ihren Mythen findet.

Dabei sprechen beide eine nilotische Sprache und sind Rinderzüchter. Aus dieser ökonomischen Gemeinsamkeit ergibt sich allerdings gerade der Konflikt um Ressourcen. In beiden Völkern dreht sich nicht nur das wirtschaftliche Leben um den Rinderbesitz, sondern die gesamte Kultur - inklusive ihrer traditionellen Religion. Sharon Hutchinson, die in den 1990ern eine Aktualisierung der ethnologischen Kenntnisse über die Nuer durchführte, stellte allerdings fest, dass dort inzwischen Waffen, die mit Zahlungen der als Bürgerkriegsflüchtlinge in westlichen Ländern aufgenommenen Volksangehörigen gekauft wurden, vielfach symbolische und rituelle Rollen zukommen, welche früher von Rindern eingenommen wurden.

Zentren der aktuellen Auseinandersetzungen sind die Provinzen Jonglei, Westlicher Oberer Nil, Warrap, Zentral-Äquatoria und Ost-Äquatoria. Dazu, welche Gebiete aktuell von Dinka-Regierungstruppen und welche von Nuer-Rebellen gehalten werden, gibt es ebenso widersprüchliche Meldungen wie zur Zahl der Toten. Laut UN sind aber inzwischen über 80.000 Menschen bürgerkriegsbedingt auf der Flucht. Zum Schutz von Zivilisten soll die Blauhelmtruppe der Vereinten Nationen jetzt von 7.000 auf 12.500 Mann aufgestockt werden.

Auf diplomatischer Ebene drohten US-Kongressabgeordnete in einem überparteilichen Brief mit dem Entzug von Hilfsgeldern und die EU-Außenbeauftragte Catherine Ashton kündigte an, den griechischen Politiker Alexander Rondos als Sonderbeauftragten in die südsudanesische Hauptstadt Juba zu schicken. Die Großmacht China, die in der Provinz Westlicher Oberer Nil Erdölinteressen hat, will ebenfalls in Kürze einen Sonderbotschafter entsenden.

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Karte: Telepolis