Facebook kann erfassen, was Nutzer eintippen

Für eine Studie wurden vier Millionen Nutzer überwacht, um festzustellen, wie oft angefangene Postings durch "Selbstzensur" verworfen werden

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Von Facebook wird auch registriert, wenn Nutzer etwas eintippen, aber die Statusmeldung oder den Kommentar nicht posten, sondern ihn wiederverwerfen. Bekannt wurde dies durch eine Studie von Sauvik Das von der Carnegie Mellon University und Adam Kramer von Facebook. Sie haben im NSA-Stil die Facebook-Aktivitäten von fast vier Millionen Nutzer in den USA und in Großbritannien 17 Tage lang überwacht, um zu sehen, wie oft diese Selbstzensur ausüben.

Sobald die Nutzer mehr als 5 Buchstaben eingegeben haben, wurde dies verfolgt, wenn innerhalb 10 Minuten nichts gepostet wurde, galt dies als Selbstzensur, es wurden also vom Nutzer intendierte Mitteilungen wieder verworfen. Ältere Nutzer verwerfen hingegen eher Kommentare als Postings. Männer verwerfen öfter Postings

Soziale Medien bieten nach den beiden Wissenschaftlern eine Möglichkeit, die es in der Face-to-Face-Kommunikation nicht gibt: Man kann einen Gedanken erst einmal formulieren und ihn dann wieder "filtern", bevor man ihn kommuniziert. Das soll die "Last-Minute-Zensur" sein. Allerdings könnte man auch das, was man sagen will, erst einmal für sich formulieren, bevor man es ausspricht. Aber das interessierte die beiden weniger, die mit ihrer Untersuchung der Selbstzensur herausfinden wollten, wie Soziale Netzwerke genutzt werden, und vor allem, wie man sie so verbessern könnte, damit sie noch mehr genutzt werden, was dann wohl hieße, dass weniger Selbstzensur ausgeübt wird.

Selbstzensur scheint nach den Ergebnissen ziemlich häufig zu sein. 71 Prozent der beobachteten Nutzer übten wenigstens einmal in der Zeit Selbstzensur aus, der Rest, so die Vermutung, hatte vielleicht während der Beobachtungszeit nicht die Gelegenheit dazu. 33 Prozent aller geplanten Statusmeldungen werden wieder verworfen, bei den Kommentaren sind es nur 13 Prozent. Ältere verwerfen hingegen eher Kommentare, Männer neigen mehr zur Selbstzensur als Frauen. Nutzer, die mit mehr Freunden des anderen Geschlechts kommunizieren, üben mehr Selbstzensur aus, aber Männer, die mehr mit Männern kommunizieren, machen dies häufiger als Frauen, die mit mehr Männern als Frauen kommunizieren. Am meisten werden Status-Meldungen und Mitteilungen an Gruppen verworfen.

Aber das Ergebnis ist eigentlich nicht so interessant, vielmehr die Möglichkeit, schon die Eingabe in die Maske abzugreifen, bevor die Mitteilung tatsächlich gepostet wird. Facebook, das sich neben Vertretern u.a. von Yahoo, Apple, Twitter, Google und Microsoft auch bei Präsident Obama über die Lauschaktivitäten beschwerte, beteuerte gegenüber der Los Angeles Times, man könne nur sehen, dass der Nutzer etwas eintippt, aber nicht was. Zudem seien die Nutzer für die Studie anonymisiert worden. Man habe das Tippverhalten auch nur für die Studie gemacht und würde die Nutzer nicht länger beim Eingeben unveröffentlichter Mitteilungen verfolgen. Man werde auch nicht überwachen, welche Buchstaben und Wörter die Nutzer eintippen, bevor sie posten.

Das mag man glauben oder nicht. Facebook rechtfertigt sich auch dadurch, dass die Studie in Übereinstimmung mit den Nutzungsbedingungen ausgeführt wurde, denen jeder zustimmt, der sich registriert. Dort steht jedoch nichts davon, dass Daten auch bereits beim Eingeben vor dem Posten gesammelt werden. Wer das verhindern will, sollte auf Facebook Javascript ausschalten. Damit konnte die Eingabe für die Studie überwacht werden.