Britisches Internet wird kindisch

Internetsperren sperren englische Zensursula aus

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Nach Einführung von Internetsperren bei britischen Telekommunikationsanbietern wie O2 zur Bewahrung von Kindern vor pornografischen Inhalten kosten die Zensoren gerade ihre eigene Medizin: Unter den Websites, die in den Kindernet-Filtern hängen bleiben, befinden sich auch Homepages von seriösen Organisationen, die entsprechende Keywords enthalten, etwa weil sie sich kritisch mit den zu zensierenden Themen befassen.

Betroffen sind etwa die Wohltätigkeitsorgnisation NSPCC, die sich gegen Kindesmissbrauch einsetzt, sowie deren an Kinder gerichtetes Hilfsportal childline.org.uk. Letzteres wäre gerade an Weihnachten besonders frequentiert gewesen, ebenso die Seiten der Samariter-Hotline. Die Heranwachsenden werden auf der Insel auch auf Websites von Vereinigungen verzichten müssen, die sich etwa für Schwulenrechte einsetzen. Die Ergebnisse erinnern an frühe Versuche beim Filtern von Newsgroups, was etwa auch Mediziner beim Austausch über geschlechtsbezogene Themen behinderte.

Doch der Zensurexzess hat inzwischen die Politik erreicht: So filtern die Briten gleich ihr ganzes Parlament weg - ausgerechnet Guy Fawkes hätte das wohl gefallen. Warum Fawkes seinerzeit das Parlament sprengen wollte, könnte man in der Britischen Bibliothek nachlesen - falls man bereits erwachsen ist. Die Kindlein können sich allerdings auch nicht über die Motive der britischen "Zensursula" Claire Perry informieren, die sich ebenfalls ausgeschlossen hat. Nutzern außerhalb der Insel werden die unerwünschten Einflüsse jedoch weiterhin zugemutet.

Inzwischen hat etwa der Anbieter O2 die genannten Websites auf die Whitelist gesetzt.

Am Wochenende hatte die Königen nach 60 Jahren den Mathematiker Alan Turing posthum begnadigt, dessen Leistung bei der Entschlüsselung der deutschen Chiffriermaschine Enigma kriegsentscheidende Bedeutung beigemessen wird. Turings Homosexualität harmonierte nicht mit der Gesetzeslage, weshalb der Staat Turing mit einer Zwangskastration offenbar in den Suizid trieb. Auch Turings tragische Geschichte ist für die britischen Kids nunmehr tabu, sofern die Eltern diese nicht für sie entsperren.