10 Jahre Facebook: Happy Birthday, liebste Datenkrake

2004 bringt der 20-jährige Mark Zuckerberg das Studentenverzeichnis seiner Uni ins Netz. Zehn Jahre später ist er Multimilliardär. Ein Sechstel der Weltbevölkerung tummelt sich auf seinem Facebook.

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Inhaltsverzeichnis

Es gibt glutenfreie Würstchen. Zum Frühstück versammeln sich die Facebook-Mitarbeiter langsam in der hellen Kantine im Erdgeschoss. Im europäischen Hauptquartier des sozialen Netzwerks in Dublin gibt es drei warme Mahlzeiten am Tag. In der Kantine wird politisch korrekt gekocht: Für jeden Geschmack ist etwas dabei, auf Allergien wird ebenso Rücksicht genommen wie auf selbstgewählte Diäten. Auch sonst ist das Unternehmen offenbar bemüht, auf die Bedürfnisse der Mitarbeiter so gut wie möglich einzugehen. Es gibt Rückzugsräume, Spielecken, eine Dachterasse, auf der im Sommer schon mal eine Band ein Konzerte gibt. Auf jeder Etage kalte Softdrinks und Süßigkeiten. Auch Tastaturen, Mäuse und USB-Sticks ziehen sich die Facebooker einfach aus dem Automaten. Ob sie gerne hier arbeiten? Natürlich.

Happy Birthday, Facebook (18 Bilder)

Das ist der Mark.

Mark Zuckerberg hatte 2004 die Idee für Facebook. Heute freut er sich: Er ist Multi-Milliardär. (Bild: dpa)

Ihr Chef heißt Mark Zuckerberg. Als Student hatte er die Idee, inspiriert von den an einigen US-Universitäten üblichen Fotobüchern, eine Plattform für Harvard-Alumni ins Netz zu bringen. Zusammen mit seinen Gründungspartnern Dustin Moskovitz, Chris Hughes und Eduardo Saverin bringt er "The Facebook" am 4. Februar 2004 online. Einen Monat später öffnet Zuckerberg sein Netzwerk für Studenten von Stanford, Columbia und Yale. Ende des Jahres hat The Facebook eine Million Nutzer.

War Facebook am Anfang noch eine relativ exklusive Veranstaltung für die Ostküsten-Elite, kam 2005 zunächst die Öffnung für alle US-Unis und Colleges, später auch für internationale Schulen. Ende 2005, keine zwei Jahre nach der Gründung, hat das Netzwerk schon 6 Millionen Nutzer. Der schnelle Erfolg bringt ein paar findige Berliner auf die Idee, sowas auch für deutsche Unis aufzusetzen. Das Ergebnis hieß StudiVZ und unterschied sich anfangs nur farblich vom US-Vorbild. Selbst im PHP-Code des "Studentenverzeichnisses" waren Hinweise zu finden, wo sich Ehssan Dariani und Dennis Bemmann inspirieren ließen.

Gerichtsfest ist das nie geworden. Zuckerberg war den Streit wohl irgendwann leid. Statt sich mit den Nachahmern aus Berlin rumzuschlagen, lässt er die Nutzer entscheiden. Seit September 2006 kann sich jeder bei Facebook registrieren, da sind schon fast 12 Millionen Menschen in dem sozialen Netzwerk. Ab März 2008 gibt es Facebook auch in deutscher Sprache. Das ist eine Kampfansage an das expandierende StudiVZ, für das der Holtzbrinck Verlag kurz zuvor angeblich 85 Millionen Euro hingeblättert hat. Die Gründer haben rechtzeitig ihren Exit organisiert und dabei einen schönen Schnitt gemacht.

In Zuckerbergsche Sphären sind Dariani und Kollegen nie vorgestoßen: Das Vermögen des Facebook-Gründers wird heute auf 19 Milliarden Dollar geschätzt, wovon er auch mal was abgibt. Mit Facebook reich geworden sind Zuckerbergs Weggefährten ebenso wie einige seiner Gegner. Die Winklevoss-Zwillinge Tyler und Cameron, Kommilitonen aus der Harvard-Zeit und echter Ostküstenadel, werfen Zuckerberg vor, er habe ihnen die Idee für Facebook geklaut. Nach einigem Hin und Her vor Gericht steht ein Vergleich, die Brüder werden mit ein paar Millionen und einem stattlichen Aktienpaket abgefunden.

Über eine Milliarde Nutzer tummeln sich auf Facebook

(Bild: heise online)

Dazu gab es noch 15 Minuten Ruhm und ein paar Auftritte auf roten Teppichen. Die Winklevosse haben auch in David Finchers Version der Geschichte ihre Rolle. "The Social Network" kommt 2010 ins Kino, da hat Facebook schon eine halbe Milliarde Nutzer. Mit Zuckerberg geht Fincher nicht gerade zimperlich um: Man ahnt, dass der begabte Nerd ein unangenehmer Zeitgenosse sein kann. Einige seiner Ex-Partner singen ein Lied davon. Doch bei allen charakterlichen Defiziten, die Zuckerberg vielleicht hat, 2010 ist er auf dem vorläufigen Höhepunkt seiner Karriere: Das Time Magazine kürt ihn zur Person des Jahres.

Doch auch Zuckerberg macht Fehler. Immer mal wieder bringt Facebook seine Nutzer gegen sich auf. Bei der Einführung des höchst umstrittenen Werbeformats "Sponsored Stories" schätzt Facebook die Duldsamkeit seiner User falsch ein. Die haben keine Lust, ihr Gesicht ungefragt für Werbung hinhalten zu müssen. Es gibt eine Sammelklage, die mit einem Vergleich endet. Es bleibt ein Knacks im Vertrauensverhältnis, das für das Unternehmen Facebook enorm wichtig ist. So sind die Nutzer auch alarmiert, als sich Facebook mit einer Änderung der Nutzungsbedingungen das Recht einräumt, mit einem Profilbild zu werben. Hinterher bemüht sich das Unternehmen zu erklären, dass das so eigentlich nicht gemeint ist. Man muss Zuckerberg attestieren, dass er aus Fehlern zu lernen versucht.

Auch der Börsengang im Mai 2012 geht erstmal gründlich in die Hose. Doch inzwischen hat Facebook gezeigt, dass es als Unternehmen funktioniert und Geld verdienen kann: 1,2 Milliarden Nutzer. 2,5 Milliarden Dollar Umsatz, eine halbe Milliarde Gewinn. Entgegen aller Unkenrufe wachsen die Werbeumsätze auch im Mobilbereich, wo Facebook erst relativ spät richtig aktiv wurde: 2008 die erste App, 2012 die Instagram-Übernahme. Auch Meldungen über die in Heerscharen flüchtende Jugend stellen sich bisher als übertrieben heraus. So klappt's auch an der Wall Street. Den Analysten ist auch egal, wenn man in Europa über die prüden Moralvorstellungen der Amerikaner witzelt.

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Ist Facebook der Untergang des Abendlandes? Nicht wenige denken so. Für die Kritiker, von denen es hierzulande einige gibt, ist Facebook vor allem ein riesiges Datenschutzrisiko. Eine Falle, in die ahnungslose Teenager tappen. Wo junge, unreife Menschen schlimme Dinge tun, die sie später auf jeden Fall unheimlich bereuen werden. Wo wilde Partys organisiert werden, die man nur mit einer Hundertschaft Polizei auflösen kann. Und weil die Kinder es nicht besser wissen, müssen sie vor diesem Dings im Internet geschützt werden. Wie so oft, wenn man etwas nicht versteht, wird nach dem Staat gerufen – wenn der sich nicht gleich selbst in Position bringt.

Ansonsten bleibt Facebook eine Riesenzeitverschwendung und die Selbstdarsteller nerven. Nimmt man die zu ernst, kann der erhöhte soziale Druck schon mal aufs Gemüt schlagen. Aber es ist ein tolles Kommunikationsmittel und macht unheimlich viel Spaß. Das findet offenbar auch das Sechstel der Weltbevölkerung, das sich regelmäßig auf Facebook tummelt.

Derweil mühen sich deutsche Datenschutzbeauftragte redlich, die Datenkrake zu bändigen. Das ist auch gut so: Hunderte Terabyte verarbeitet Facebook täglich in seinen hochmodernen Rechenzentren – und es sind schon Zweifel angebracht, ob das Unternehmen seiner Verantwortung immer gerecht wird. Doch inzwischen wissen wir, dass Facebook im Vergleich mit gewissen Regierungsbehörden das weitaus kleinere Problem ist.

Siehe dazu auch:

(vbr)