Rätsel Autistenhirn

Eine nordamerikanische Studie legt nahe, dass Menschen mit ASD im Ruhezustand mehr Informationen produzieren und ein italienisches Team findet Hinweise auf schlechtere neuronale Verbindungen

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Ein Team von Neurowissenschaftlern um Roberto Fernández Galán von der Case Western Reserve University in Cleveland und Jose-Luis Pérez Velázquez von der University of Toronto hat mittels Magnetoenzephalografie (MEG) und der Kullback-Leibler-Divergenz (KLD) errechnet, dass die Gehirnaktivität bei Kindern mit Autismus-Spektrum-Störungen (ASD) im Ruhezustand durchschnittlich um 42 Prozent höher liegt, als bei solchen aus einer Vergleichsgruppe. In der Vergangenheit hatten Neurowissenschaftler dieser "spontanen Aktivität" wenig Bedeutung beigemessen und vor allem stimulusinduzierte Betriebsamkeiten untersucht.

Das höhere Introspektionslevel, das Fernández Galán und Pérez Velázquez in einem Aufsatz in der Fachzeitschrift Frontiers in Neuroinformatics anhand ihrer Berechnung postulieren, stützt die umstrittene Intense-World-Theorie der beiden Neurowissenschaftler Henry und Kamila Markram, die am schweizerischen Brain Mind Institute (BMI) forschen. Diese Intense-World-Theorie beschreibt Autismus als ein Hyper-Funktionieren neuronaler Erregungskreise, das zu einer Über-Erregung und zur Vermeidung von zu vielen und zu ungeordneten Informationen von Außen führt.

Ein Team aus Neurowissenschaftlern am European Molecular Biology Laboratory (EMBL) in Monterotondo, am Istituto Italiano di Tecnologia (IIT) in Rovereto und an der Universität La Sapienza in Rom fand etwa gleichzeitig mittels funktioneller Magnetresonanztomografie (fMRT) und Testmäusen Hinweise darauf, dass neuronale Verbindungen dauerhaft schlechter funktionieren, wenn man während einer frühen Entwicklungsphase einen zeitweisen Mangel an Mikrogliazellen herbeiführt. Daraus entstehen ihrer in Nature Neuroscience veröffentlichten Studie nach Verhaltensauffälligkeiten, die man mit Autismus in Verbindung bringt: Darunter geringe Geselligkeit und ein Hang zur Wiederholung.