EU-Generalanwalt bestätigt Rechtsgrundlage für Vorratsdatenspeicherung

Die Klage Irlands und der Slowakei sei abzuweisen, meint der EU-Generalanwalt. Die Länder hatten aus formalen Gründen, nicht wegen inhaltlicher Bedenken gegen die Speicherung der Telefon- und Internet-Verbindungsdaten geklagt.

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Von
  • Jürgen Kuri

Die Rechtsgrundlage für die Speicherung von Telefon- und Internetverbindungsdaten in Europa ist nach Ansicht von EU-Generalanwalt Yves Bot gültig. Der höchste EU-Gutachter empfahl dem Europäischen Gerichtshof (EuGH) laut dpa, eine von der Slowakei unterstützte Klage Irlands gegen die entsprechende Richtlinie abzuweisen. Beide Länder hatten im Februar 2006 gegen das EU-Gesetz gestimmt, allerdings aus formalen, nicht aus inhaltlichen Gründen: Sie argumentierten, es handele sich um ein Instrument der Zusammenarbeit von Polizei und Justiz in der EU, für das ein Rahmenbeschluss der Mitgliedsstaaten notwendig sei.

Die auf Vorrat gespeicherten Telefon- und Internetverbindungsdaten sollen nach Ansicht des Gesetzgebers der Ermittlung und Aufdeckung von Straftaten einschließlich des Terrorismus dienen. Dies allein reicht nach Ansicht des Generalanwalts jedoch nicht, um die Richtlinie als Instrument der polizeilichen und justiziellen Zusammenarbeit in Strafsachen einzuordnen. Die Empfehlung des Generalanwalts ist für den EuGH nicht bindend, doch häufig folgen die EU-Richter seinem Gutachten. Falls der EuGH der irischen Klage stattgeben sollte, müsste die umstrittene Datenspeicherung EU-weit neu geregelt werden.

Der Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung, Initiator der Großdemonstration gegen den Überwachungswahn, wies in einer ersten Stellungnahme noch einmal darauf hin, dass die Klage der irischen Regierung nur formale Fragen betreffe. Sie habe "die Verletzung der Grundrechte durch die anlasslose Erfassung des Telekommunikations- und Bewegungsverhaltens der gesamten Bevölkerung nicht zum Gegenstand". Falls der Gerichtshof tatsächlich dem Generalanwalt folgen und die irische Klage abweisen sollte, müsse er in einem zweiten Verfahren "auf Vorlage des Bundesverfassungsgerichts die EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung auf ihre Vereinbarkeit mit den Grundrechten überprüfen".

In Deutschland ist die Umsetzung der EU-Richtlinie bereits als Gesetz in Kraft getreten: Hierzulande ist nach den zum 1. Januar dieses Jahres eingeführten Regelungen zur Vorratsspeicherung von Telekommunikations- und Internet-Verbindungsdaten eine sechsmonatige Speicherung der Daten bei den Providern und Carriern vorgesehen, auf die Strafverfolger bei der Verfolgung von Straftaten und zur Gefahrenabwehr zugreifen dürfen. Für die Internet-Verbindungsdaten gilt eine Übergangsfrist für die Umsetzung der Speicherpflicht bis Anfang 2009. Ab dem 1. Januar 2009 aber müssen auch die Provider Verbindungsdaten speichern. Gegen diese Vorratsdatenspeicherung hat der Arbeitskreis eine Massenklage beim Bundesverfassungsgericht initiiert, der sich über 34.000 Bürger angeschlossen haben; das Bundesverfassungsgericht hat zudem aufgrund eines Antrags auf Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung den Ermittlern Schranken bei der Nutzung der Daten auferlegt, die Speicherung der Verbindungsdaten aber nicht untersagt.

Eine Entscheidung des Gerichts über den Antrag auf einstweilige Aussetzung der Vorratsdatenspeicherung, der sich insbesondere gegen die ab 1. Januar erstmals vorgesehene Pflicht zur Vorratsspeicherung bei Internetzugängen, Anonymisierungsdiensten und E-Mail richtet, stehe demnächst an, heißt es beim Arbeitskreis Vorratsdatenspeicherung. "Die endgültige Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts über die Verfassungsbeschwerde wird voraussichtlich erst ergehen, nachdem der Europäische Gerichtshof die Rechtmäßigkeit der EU-Richtlinie zur Vorratsdatenspeicherung umfassend geprüft hat", schreiben die Bürgerrechtler.

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Zu den Auseinandersetzungen um die Terrorismus-Bekämpfung, die erweiterte Anti-Terror-Gesetzgebung, die Anti-Terror-Datei sowie die Online-Durchsuchung siehe auch:

(jk)