Schweizer Postfinance kündigt WikiLeaks-Konto

Grund: Verstoß gegen Geschäftsbedingungen. Mit dem Konto wird für Anwaltskosten gesammelt. Piratenpartei verurteilt konzertiertes Vorgehen als Hetzjagd

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"Überprüfung der Geschäftsbedingungen" ist das Wort der Stunde, wenn es um Geschäftsbeziehungen zu WikiLeaks, genauer zu dessen Gründer Julien Assange, geht. Erst überprüfte Amazon, dann EveryDNS, dann Pay Pal und heute die Schweizer Postfinance, ob sie sich Geschäfte mit WikiLeaks noch leisten können und das Ergebnis ist immer gleich: die Kündigung. Dass politischer Druck dahinter steckt, ist allzu offensichtlich, wird von allen aber mit unterschiedlichen Argumentationen geleugnet (siehe dazu auch Wikileaks: Das Internet schlägt zurück).

Im Fall der Schweizer Postfinance wird die Auflösung des Wikileak-Kontos damit begründet, dass Assange keinen Wohnsitz in der Schweiz habe. Stellt sich die Frage, warum man dies jetzt erst in aller Gründlichkeit überprüft und nicht bei der Eröffnung des Kontos. Nach Informationen der Schweizer Zeitung NZZ gab der Sprecher der Postfinance an, dass sich das Thema "WikiLeaks" in den letzten Wochen "verschärft" habe. (Einfügung: Das heißt laut NZZ-Bericht, dass man sich vor Wochen mit der Angabe, Assange wohne in Genf, offensichtlich begnügt hat und nun erst die Angaben genauer überprüfen wollte). Der Abbruch der Geschäftsbeziehung könnte WikiLeaks "empfindlich treffen", so die Zeitung.

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Fahndungsfoto Julian Assange (Bild: Interpol)

Über das Konto der Postfinance sei der "Julian Assange Defence Fund" verwaltet worden, also etwa Spenden gesammelt worden, um Anwaltskosten zu bezahlen. Schon nach der PayPal-Aufkündigung der Geschäftsbeziehungen war laut NZZ klar, dass die Schweiz wichtiger würde für die Finanzierung von Wikileaks - und dadurch in den Fokus der WikiLeaksgegner geraten würde.

"Gelder fliessen nämlich nicht nur über das Postfinance-Konto von Julian Assange an dessen Organisation, sondern auch dank der Firma Datacell Switzerland, wie es auf der Internet-Site von Wikileaks heisst. Die Firma ist in Basel domiziliert, hat einen Ableger in Reykjavik und ermöglicht Kreditkarten-Überweisungen an Wikileaks."

Es dränge sich der Verdacht auf, dass sich Unternehmen an der Hetzjagd der amerikanischen Regierung auf Wikileaks beteiligen, heißt es von Seiten des Vorstands der Piratenpartei Deutschland. Der beschloss gestern, die Geschäftsbeziehung mit den amerikanischen Unternehmen Amazon und Paypal zu beenden.

Die Wau-Holland-Stiftung teilt mit, dass Spenden an Wikileaks mit Spendenquittung von Deutschland aus weiter über diese trotz der Sperrung seitens PayPal weiter möglich seien - durch Einzahlung auf ein Bankkonto. Über die Schweizerische Data Cell können noch international Spenden über die Kreditkarte eingezahlt werden. Fragt sich aber nur, ob hier auch bald Schluss sein könnte. Über die von Wikileaks in Island gegründete Firma Sunshine Press Productions können ebenfalls noch Spenden überwiesen werden.