Biomasse vom Acker - erstaunlich ineffizient

Biotonne als Energielieferant könnte Ausbreitung der Monokulturwüsten eindämmen

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Die Bioenergiewüste der Zukunft? Windkraft und abgeerntete Maisfelder in Schleswig-Holstein. (Bild: Matthias Brake)

Im Paket mit dem Zusammenstreichen der EEG-Vergütung für Solarstrom wurde vorerst auch das Ende für EEG-Strom aus Photovoltaik-Freiflächenanlagen auf Äckern festgelegt. Dass das keineswegs zu mehr Biodiversität oder mehr ökologischem Landbau führt, zeigen die jetzt wieder landesweit sprießenden Maismonokulturen. Die darauf gewonnen Pflanzen dienen, neben der Fleischproduktion, in immer größerem Umfang der Biogasgewinnung. Sie hat sich, nach ihren Anfängen als landwirtschaftliche Resteverwertung, mittlerweile zu einem im agroindustrillen Maßstab betriebenen Sektor entwickelt.

Ein immer wichtigerer Abnehmer sind dabei Gasversorger, die zu Erdgasqualität aufbereitetes Biogas ihren Gasprodukten beimischen, um auch "Ökotarife" anbieten zu können. Beispielsweise berichtet der berliner Erdgasversorger Gasag, dass seinem Tarif "GASAG-Bio10" Methan aus der Biogasanlage Rathenow beigemischt wird. Dort werden auf 1.000 Hektar Silage, Getreide und Gülle produziert und damit pro Jahr 44 Mio. Kilowattstunden Biogas ins Erdgasnetz eingespeist. Pro Quadratmeter bedeutet das aber nur einen Ertrag von 4,4 kWh.** Die solare Einstrahlung in der Region beträgt aber rund 1000 kWh/(m²*a). Die Biogasproduktion in immer größerem Umfang verwandelt also, wenn sie nicht gestoppt wird, immer größere Flächen der Landschaft in Bioenergiewüsten. In diesem Zusammenhang verdichten sich zudem die Hinweise darauf, dass der beim Maisanbau betriebene "systemische" Einsatz von Neonicotinoiden als Pestizide (Giftaufnahme über das Saatgut) hauptveranwortlich ist für das sich weltweit ausbreitende Bienensterben.

Einen Ausweg sollen neue Forschungsprojekte ermöglichen. Die Universität Greifswald als Koordinatorin hat dazu ein Programm gestartet, bei dem Verfahren entwickelt werden, wie Biomüll aus Privathaushalten für Biomasse-Kraftwerke verwendet werden kann. Beteiligt sind weitere Entwicklungseinrichtungen aus Schweden, Deutschland, Russland und Polen. Für Greifswald geht es als erstes zu realisierendes Projekt um die Konzipierung einer Biogasanlage für die Stadt. Darin sollen neben den Grünabfällen aus privaten Gärten und öffentlichen Parks auch das bisher nicht genutzte Gras der Salzwiesen für die Energiegewinnung genutzt werden. Am Projekt beteiligt sich auch die Stiftung des Trägers des Alternativen Nobelpreises Michael Succow. Das Angebot an Biomasse allein aus Haushaltsabfällen ist groß, im Durchschnitt produziert jeder Bundesbürger 130 kg Bioabfälle pro Jahr. Im Projekt soll daher neben der Anlagentechnik vor allem auch die Möglichkeiten der Bürgerbeteiligung und -aktivierung verbessert werden um u.a. eine konsequentere Mülltrennung und -erfassung zu erreichen.

** Zum Vergleich: Im ebenfalls bei Berlin gelegenen Lieberose ist die größte Freiflächensolaranlage Deutschlands in Betrieb. Dort werden auf 162 ha pro Jahr 52 Mio. kWh Solarstrom erzeugt, macht 32 kWh /(m²*a). Aufdachanlagen in Berlin/Brandenburg bringen im ø 105 kWh/(m²*a)