Klimagas aus der Arktis?

Wissenschaftler finden Anzeichen für eine Methan-Quelle im arktischen Ozean, die Eisdecke wird unterdessen immer fragiler

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In der Atmosphäre über dem arktischen Ozean ist offensichtlich die Methan-Konzentration gestiegen. Das ergaben Messungen, die US-amerikanischer Wissenschaftler 2009 und 2010 durchführten und jetzt veröffentlicht haben. Durchgeführt wurden sie mit einem Flugzeug über der Tschukschtschensee nördlich der Behringstraße sowie der östlich daran anschließenden Beaufortsee, die die Küstengewässer des östlichen Alaskas darstellt und an die kanadischen Arktisinseln angrenzt. (Chukchi_Sea_map.png&filetimestamp=20060531143320: Karte auf Wikipedia)

Methan (CH4) ist wie das Kohlendioxid ein Treibhausgas und im Vergleich Molekül zu Molekül etwa zwanzigmal effektiver als dieses. Die erhöhte Konzentration ist mit etwa 0,5 Prozent relativ moderat, allerdings passt die Nachricht zu ähnlichen Forschungsergebnissen aus anderen Teilen der Arktis und zu der Tatsache, dass die globale Methan-Konzentration in der Atmosphäre seit einigen Jahren wieder ansteigt. Dass die Quelle des Methans das Meer sein muss, schließen die US-amerikanischen Wissenschaftler daraus, dass erhöhte Konzentrationen nur dort gemessen wurden, wo es Lücken in der Eisbedeckung gab oder das Meer gänzlich frei war. Mehr zum Thema Methan in der nächsten Wochenschau.

In der Arktis hat derweil das sommerliche Abtauen des Meereises begonnen. Ende März hat die Eisfläche ihr diesjähriges Maximum erreicht, 12 Tage später als im Mittel der letzten 32 Jahre üblich. Allerdings ist das nicht ganz ungewöhnlich. Generell ist eine leichte Verschiebung des Eismaximums von Mitte März zum Ende des Monats zu beobachten, was angesichts der überdurchschnittlichen Erwärmung der Arktis auf den ersten Blick verwundert. Die Wissenschaftler am National Snow and Ice Data Center (NSIDC) der USA meinen, das könnte eventuell daran liegen, dass auch im Winter das Eis nicht mehr so weit ausgedehnt ist wie früher. Wenn weiter im Norden das Meer eisfrei bleibt, dann kann dort bis zum März hin ein Kälteeinbruch immer noch das Wasser frieren lassen.

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Im März 2012 war der größte Teil des arktischen Ozeans nur von dünnem einjährigen Eis bedeckt. (Bild: NSIDC, J. Maslanik und M. Tschudi)

Auf den sommerlichen Eisverlust wird das etwas spätere Maximum aber voraussichtlich keinen Einfluss haben. Der wird von anderen Faktoren wie Temperatur, Windregime und Eisdicke bestimmt. Letztere bzw. das Eisvolumen ist für die Polarforscher neben der Ausdehnung die zweite wichtige Größe, die sie messen, um die Rolle die Entwicklung des Meereises zu verfolgen. Je dünner das Eis, desto anfälliger wird es für größere Verluste während des Sommers, wobei dünner zugleich in der Regel jünger heißt, denn das Eis wächst mit den Jahren.

Die von J. Maslanik und M. Tschudi an der Universität von Colorado ausgewerteten Satellitendaten zeigen, dass altes Eis insbesondere seit 2005 deutlich abgenommen hat. Inzwischen wird nur noch ein ganz kleiner Teil des arktischen Ozeans nördlich Grönlands und des arktischen Archipels von dickem Eis bedeckt, das älter als vier Jahre ist. Der allergößte Teil des Polarmeeres hat hingegen eine Eisdecke die nur noch ein Jahr und entsprechend dünn ist.

Die Ausdehnung des arktischen Meereises schwankt regelmäßig im Rhythmus der Jahreszeiten. Seine geringste Ausdehnung erreicht es für gewöhnlich zum Ausgang des Sommers Mitte bis Ende September. Entsprechend der an arktischen Stationen beobachteten überdurchschnittlichen Erwärmung ist auch der sommerliche Rückzug des Eises heute ausgeprägter und die Dauer, über die immer weitere Flächen des Meeres der Sonne ausgesetzt sind, länger als noch in den 1980er oder 1990er Jahren.

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Der Anteil des älteren Eises und damit auch die Eisdicke nehmen immer mehr ab. (Bild: NSIDC, J. Maslanik und M. Tschudi)

Der Trend zeigt zudem weiter nach unten, und ein sommerlich eisfreier arktischer Ozean wird seinerseits zur Verstärkung der globalen Erwärmung führen. Das geschieht auf verschiedene Arten. Zum einen wirft das Meereis heute noch im Sommer im Durchschnitt etwa 60 Prozent der Sonnenstrahlung zurück, die auf den gefrorenen Panzer trifft. Das offene Meer reflektiert hingegen viel weniger, sondern nimmt mehr Strahlung als Wärme auf, die schließlich auch die umliegenden Küstenregionen erwärmen wird.

Zum andern können durch die Erwärmung weitere Klimagase aus den Permafrostböden an Land sowie unter dem Meeresboden mobilisiert werden. In welchem Maße und Tempo dies erfolgen kann, ist bisher noch unklar und Gegenstand verschiedener Forschungsprojekt. Erste Anzeichen, dass in der Arktis neue Methan-Quellen entstehen, gibt es bereits, wie oben geschildert.