Verfassungsgericht: Rückwirkende Gesetzesänderungen nur begrenzt möglich

Das Bundesverfassungsgericht zeigt dem Gesetzgeber klare Grenzen für nachträgliche Gesetzesänderungen auf: Sie dürfen nur rückwirkend gelten, wenn sie nicht in bereits abgeschlossene Sachverhalte eingreifen.

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Von
  • Marzena Sicking

Das Bundesverfassungsgericht hat in einem jetzt veröffentlichten Beschluss (Entscheidung vom 17. Dezember 2013, Az. 1 BvL 5/08) deutlich gemacht, dass der Gesetzgeber nur einen kleinen Spielraum für rückwirkende Gesetzesänderungen hat. Insbesondere dürfen neue Gesetze nicht nachträglich in eigentlich schon abgeschlossene Sachverhalte eingreifen. Ein vor allem für steuerrechtliche Fälle wichtiges Urteil.

In dem verhandelten Fall ging es um die Frage, ob eine Steuernorm zu gewinnmindernden Abschreibungen bei Fondsbeteiligungen auch auf Kapitalgesellschaften angewendet werden darf. Da dies im Körperschaftsteuergesetz (KStG) von 2001 nicht eindeutig geklärt war, wurde es 2003 geändert. Die neue Fassung sollte rückwirkend ab 2001 gelten.

Dagegen klagte eine Bank und zwar mit Erfolg: Bei der Änderung handle es sich nicht um einen nur klarstellenden Charakter, sondern um eine Änderung mit echter und damit verfassungswidriger Rückwirkung, so die Richter. Eine Rechtsnorm entfaltet nach ständiger Rechtsprechung des Bundesverfassungsgerichts "echte Rückwirkung", wenn sie nachträglich in einen abgeschlossenen Sachverhalt eingreift und damit beispielsweise eine bereits entstandene Steuerschuld verändert. Da sich das Gesetz auch auf bereits abgelaufene Veranlagungszeiträume auswirken sollte, war das hier der Fall.

Laut den Karlsruher Richtern ist der Gesetzgeber befugt, gesetzte Normen zu ändern oder zu präzisieren und dabei auch eine Rechtsprechung zu korrigieren, mit der er nicht einverstanden ist. Dabei müsse er jedoch im Rahmen der verfassungsmäßigen Ordnung bleiben. Die Tatsache, dass Gesetze häufig auslegungsfähig und -bedürftig sind, erlaubt demnach nicht automatisch den Zugriff auf bereits abgeschlossene Rechtslagen.

Früher getroffene legislative Entscheidungen verfügen über eine eigenständige demokratische Legitimation, so die Richter und dürfen daher nicht ohne Weiteres durch den rückwirkenden Zugriff des heutigen Gesetzgebers ausgeschaltet werden. Der Zugriff des Gesetzgebers auf die Vergangenheit müsse die Ausnahme bleiben, andernfalls würde das Vertrauen der Bürger in die Stabilität des geltenden Rechts empfindlich geschwächt. ()