Neue Top Level Domains: Wenig Interesse am Markenschutz

Die Zahl der Anmeldungen bei dem mit viel Aufwand geschaffenen Trademark Clearinghouse liegt in Europa noch nicht einmal im Promillebereich.

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Von
  • Monika Ermert

Rechteinhaber haben sich bislang wenig bemüht, ihre Marken zur Einführung der neuen Top Level Domains von .bike bis .tirol vor potenziellen "Cybergrabbern" zu schützen. Die Zahl der Anmeldungen bei dem mit viel Aufwand geschaffenen Trademark Clearinghouse liegt mit rund 23.000 bei allein 1,2 Million eingetragenen Gemeinschaftsmarken in Europa noch nicht einmal im Promillebereich, bilanziert Florian Hitzelsberger, Autor von domain-recht.de und Jurist beim Registrar UnitedDomains. Die obligatorischen Sunrise-Phasen wurden bislang wenig genutzt. Hitzelsberger nannte auf der Jahreskonferenz von Nic.at, Switch und Denic in Salzburg die Zahlen einen "Schlag ins Gesicht der Markenlobby". Gleichzeitig sind auch die Registrierzahlen der jüngst gestarteten TLDs sehr überschaubar.

"Wenn man einerseits jahrelang für verschiedenste Regelungen zum Schutz vor Rechtsverletzungen kämpft, sollte man diese auch nutzen", sagte Hitzelsberger. Immer wieder hatten Markeninhaber für Verzögerungen des Starts gesorgt und weiteren Schutz vor Grabbing auf der obersten Ebene, dem Top Level, aber auch bei den unter den neuen Namen registrierten Second Level Domains gefordert. Als letzte Bastion gegen den näher rückenden Start neuer Namen nutzten die Markeninhaber schließlich den Regierungsbeirat der ICANN, der weitere Verbesserungen für Markeninhaber durchsetzte.

Noch wollen die so Begünstigten von ihren Sonderrechten aber nicht so viel wissen. Die 560 Sunrise-Vorbestellungen unter .clothing sind laut Hitzelsbergers Zahlen eher ein Ausreißer. Alle anderen Sunrise-Zahlen liegen bislang unter 200, für .singles gab es nur 50, für die arabische Variante von .web gab es gerade mal 5 Sunrise-Registrierungen, für .plumbing 44. Hitzelsberger räumt ein: ein Run auf .plumbing war nicht unbedingt zu erwarten, interessante TLDs wie .app oder .web stehen dagegen noch aus.

Auffällig ist auch, dass die Sunrise-Registrierungen im wesentlichen auf einen kleinen Kreis von Markeninhabern entfallen. 71 Sunrise-Anmeldungen entfallen laut Hitzelsberger beispielsweise allein auf Amazon. Auch die verschiedenen ausziselierten Schiedsverfahren gegen neue TLD-Bewerber bleiben eine Randerscheinung, 263-mal wurden die Schlichter in allen der möglichen Einspruchsverfahren angerufen. 59 von 69 Einsprüchen wegen Bedenken einer betroffenen Community waren erfolglos, und das ist vielleicht gut so, denn in 43 Fällen versuchten Bewerber, sich auf diese Weise der lästigen Konkurrenz um eine TLD zu entledigen. Dafür war das Verfahren freilich nicht gedacht, sagt Hitzelsberger.

Von den ersten neuen TLDs am besten angenommen wurden laut dotzon und dot.berlin-Gründer Dirk Krischenowski .guru (aktuell rund 36.000 Registrierungen) und .photography (rund 19.000). Krischwenowski verweist dabei gleichzeitig darauf, dass Erwartungen der Bewerber und die reale Registrierzahlen noch stark auseinanderklaffen. 220.000 Registrierungen und 4 Millionen US-Dollar, das erwarten sich Bewerber im Schnitt, sagte Krischenowski. Dem stehen reale Werte von schätzungsweise 30.000 Registrierungen pro Jahr und 600.000 US-Dollar im Jahr entgegen, vielleicht etwas mehr bei geographischen Namen. 30.000 könnten laut Krischenowski reichen, damit eine einfache Registry funktioniert.

Errechnet hat der Domainmarkt-Experte das durch einen Blick auf die Zahlen früherer Einführungen, darunter .tel, .asia, .xxx und der als offene TLD neu gestarteten kolumbianischen .co: "Die Faustregel lautet, die Registrierungen am Tag eins machen rund 50 Prozent der Registrierungen des ersten Monats aus, die Registrierungen des ersten Monats rund 50 Prozent des ersten Jahres." Für TLDs wie .plumbing oder .singles, die noch diese Woche die erste Monatsfrist erreichen, ergäbe das bescheidene 6000 beziehungsweise 10.000 Registrierungen im ersten Jahr. Singles und Plumbing könnten, so meint Hitzelsberger, dennoch ein bescheidenes Dasein fristen – beide gehören dem "Domain-Boutique"-Betreiber Donuts. Der werde sein Geschäft mit Masse und langer Laufdauer machen, sagt Hitzelsberger. Auf die erste Million .plumbing-Registrierung werde man nur eine ganze Weile warten müssen. (anw)