Französische Nationalversammlung lässt Anti-Filesharing-Gesetz überraschend durchfallen

In einer erneuten Lesung am Donnerstag lehnte die Kammer des französischen Parlaments das umstrittene Gesetz für Internetsperren bei Urheberrechtsverstößen ab, nachdem der Senat die Vorlage am Vormittag erneut geändert hatte.

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Das französische Parlament hat das umstrittene Gesetz gegen Urheberrechtsverstöße im Netz in einer erneuten Lesung am Donnerstag überraschend doch noch abgelehnt. Das vom konservativen Regierungsbündnis UMP eingebrachte und von Staatspräsident Nicolas Sarkozy maßgeblich unterstützte Vorhaben scheiterte in der vor den Osterfeiertagen nur spärlich besetzten Nationalversammlung mit 15 gegen 21 Stimmen. Französischen Medienberichten zufolge stimmten zwei UMP-Abgeordnete mit der Opposition gegen den Gesetzentwurf.

Der weltweit beachtete und von der Unterhaltungsindustrie gestützte Vorstoß der Regierung Sarkozy hätte den Franzosen eines der weltweit schärfsten Gesetze gegen mutmaßliche Urheberrechtsverletzungen beschert. Der Entwurf sah vor, dass Internetnutzer bei wiederholten Downloads geschützter Werke etwa aus Filesharing-Netzen der Zugang abgeklemmt werden sollte. Darüber sollte eine eigens einzurichtende Behörde (Haute Autorité pour la Diffusion des Oeuvres et la Protection des Droits sur l'Internet, Hadopi) wachen.

Am Donnerstagmorgen hatte das Gesetz die zweite Kammer des Parlaments, den Senat, passiert. Berichten zufolge hat die UMP die peinliche Schlappe einigen von der zweiten Kammer in letzter Minute vorgenommenen Änderungen zu verdanken, die ein UMP-Abgeordneter und ein parteiloser Ex-UMP-Mann nicht mehr mittragen wollten. Dass vom Internet abgeklemmte Nutzer trotzdem weiter für ihren Anschluss zahlen sei in ihren Augen eine unverhältnismäßige doppelte Bestrafung. In der Abstimmung am Donnerstag fand dieser Entwurf keine Mehrheit mehr.

In der vergangenen Woche hatten sich wenige Abgeordnete des Parlaments in mitternächtlicher Abstimmung noch auf die Kernpunkte der Vorlage verständigt. In diesem abgesegneten Entwurf gestrichene Verschärfungen seien dann vom Senat wieder eingefügt worden, hieß es heute, sodass eine neue Abstimmung erforderlich wurde. In dieser habe dann auch die Zentrumspartei ihre neutrale Haltung aufgegeben und sich der Opposition angeschlossen.

Staatssekretär Roger Karoutchi kündigte gegenüber der Nachrichtenagentur Agence France Presse (AFP) an, die Regierung werde in den kommenden Wochen eine entsprechend geänderte Fassung erneut einbringen. Die Opposition hofft allerdings, dass das Gesetz mit der gestrigen Abstimmungspleite erledigt ist. Bürgerrechtler sehen in dem vorerst gescheiterten Gesetz einen "wunderbaren Sieg für die Bürger". (vbr)