Wie sammelt die Deutsche Nationalbibliothek Online-Publikationen?

Über die von der DNB nun umgesetzte Verordnung zur Sammlung von Netzpublikationen herrscht einige Verwirrung. Eine erschöpfende Antwort auf die Frage, wer eigentlich was wie melden muss, gibt es noch nicht. Doch langsam lichtet sich der Nebel .

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Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Christiane Schulzki-Haddouti

Die Deutsche Nationalbibliothek setzt seit einigen Tagen die Pflichtablieferungsverordnung um, die das Sammeln von Netzpublikationen und körperlicher Medienwerke regelt. Darüber, was dies konkret für Website-Betreiber, Blogger und Foren-Betreiber bedeutet, herrschte in den vergangenen Tagen einige Verwirrung. Die Netzgemeinde kann aufatmen, denn die Bibliothek wird Blogs, Foren und Websites mit statischen Inhalten nur automatisiert über einen eigenen Crawler erfassen und archivieren.

In der Praxis, so stellte der Sprecher der Nationalbibliothek, Stephan Jockel, nun klar, sammle die Nationalbibliothek nur bezogen auf das Einzelobjekt. Dazu gehören E-Books, elektronische Zeitschriften, Hochschulprüfungsarbeiten und Digitalisate – wie etwa bei Googles Buchsuche –, die im Internet veröffentlicht wurden. Dafür hat sie auf ihrer Website unter dem Stichwort "Netzpublikationen" eine sogenannte "Abliefererschnittstelle" eingerichtet. Abhängig von der Zahl der Publikationen muss man entweder nur Metadaten angeben, die Bibliothek liest das Dokument dann von der Website ein, oder man muss die Publikation selbst hochladen. Stehen die Dokumente in mehreren Formaten zur Verfügung, bevorzugt die Einrichtung das PDF-Format, eine Festlegung auf das Format soll es aber nicht geben.

"Bei regelmäßigen Veröffentlichungen wird es sinnvoll sein, mit der Abteilung 'Erwerbung' Kontakt aufzunehmen", rät Jockel. Wenn jemand nur selten veröffentlicht, etwa eine studentische Hausarbeit, eine wissenschaftliche Abschlussarbeit oder einen Vortrag, sei er ebenfalls verpflichtet, seine Arbeit der Nationalbibliothek zu melden und zugänglich zu machen. Speziell für Nachrichtenwebsites wird die Deutsche Nationalbibliothek ein Verfahren entwickeln, das mit den Herausgebern hinsichtlich eines praktikablen Verfahrens und eines adäquaten "Abhol"-Intervalls abgestimmt wird.

Blogger oder Forenbetreiber müssen sich dagegen nicht bei der Nationalbibliothek melden. Auch in Zukunft soll das nicht nötig sein. "Die Nationalbibliothek geht hier eigeninitativ vor. Wir planen Harvesting-Methoden, die eine automatisierte Sammlung kompletter Website erlauben", sagt Jockel. Hierfür will die Einrichtung einen Crawler einsetzen und ihn mit Internetadressen füttern, die dann gezielt abgegrast werden sollen. Zu Details des Verfahrens will der Sprecher nichts sagen, solange es noch in der Planung ist. Bis Ende des Jahres will die Nationalbibliothek Sammelrichtlinien als interne Arbeitsanweisung erstellen und veröffentlichen.

Derzeit kann die Nationalbibliothek nur schwer abschätzen, mit wie viel digitalem Material sie es zu tun bekommt. Aktuell sammelt sie täglich 1200 Medienwerke. Eine im Zuge des Gesetzgebungsverfahrens 2004 vom Beratungsunternehmen Kienbaum erstellte Untersuchung schätzt den Mehraufwand auf 21 bis 28 zusätzliche Stellen sowie einen zusätzlichen jährlichen Budgetbedarf zwischen 1,9 Millionen und 2,9 Millionen Euro. Erstmals wurde das Budget im Haushalt 2007 berücksichtigt. In Summe verfügt die Deutsche Nationalbibliothek 2008 über 42 Millionen Euro.

Siehe dazu auch:

  • Lebenskonserve, Nationalbibliothek soll Netzinhalte archivieren. c't 19/2006, S. 186

(Christiane Schulzki-Haddouti) / (vbr)