Bundeskabinett beschließt Gesetzesentwurf zu Kinderporno-Sperren

Die Bundesregierung hat ihren heftig umstrittenen Vorstoß zur "Zugangserschwernis" für kinderpornografische Webseiten verabschiedet. Eine Internetzensur sei nicht beabsichtigt, aber die Meinungsfreiheit eben auch nicht grenzenlos.

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Das Familienministerium entwarf bereits eine Stopp-Seite, die beim Aufruf von Kinderporno-Seiten aktiviert werden soll

(Bild: Bundesfamilienministerium)

Die Bundesregierung hat in ihrer Kabinettssitzung am heutigen Mittwoch ihre heftig umstrittene Gesetzesinitiative zur "Zugangserschwernis" für kinderpornografische Webseiten verabschiedet. Dem Entwurf für ein Gesetz "zur Bekämpfung der Kinderpornografie in Kommunikationsnetzen" nach sollen alle großen Internetprovider die vom Staat gewünschten Stopp-Seiten selbst betreiben, darauf zugreifende IP-Adressen erheben dürfen und auf Anforderung an Strafverfolger weitergeben. Bundeswirtschaftsminister Karl-Theodor zu Guttenberg bezeichnete den Beschluss als "wichtiges Signal", das die Entschlossenheit der Politik im Kampf gegen Kinderpornografie unterstreiche.

"Es ist das schiere Grauen, das man hier konstatieren muss", betonte der CSU-Politiker. Ihm sei zwar klar, dass es sich bei der "nun endlich" beschlossenen Maßnahme "um kein Allheilmittel handelt". Sie sei aber ein ganz wesentlicher Baustein und ein "geeigneter Anknüpfungspunkt" im Rahmen der Gesamtstrategie, Kinder zu schützen, und den "Markt für Kinderpornografie auszutrocknen". Nun würden "alle großen Internetzugangsanbieter" verpflichtet, auf der Basis von Sperrlisten des Bundeskriminalamts (BKA) den Zugang zu kinderpornografischen Maßnahmen zu erschweren. Da man gesetzliches Neuland betrete, solle die Regelung in zwei Jahren überprüft werden. Eine Internetzensur sei nicht beabsichtigt, aber die Meinungsfreiheit eben auch nicht grenzenlos.

Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen betonte, dass das Gesetz bei der Frage der Technik der Sperren über die zunächst mit fünf Providern am Freitag abgeschlossenen Verträge hinausgehe. So werde nun "mindestens" eine Zugangserschwernis über das Domain Name System (DNS) vorgesehen. Generell sei der Entwurf aber "technikoffen" formuliert, sodass Provider auch zusätzliche Sperrmethoden einsetzen könnten. Zudem werde die Stopp-Seite zwingend für alle betroffenen Zugangsanbieter. Es bleibe ferner "als Option offen, dass eine Täterermittlung erfolgen kann". So sei etwa "festzustellen, ob jemand wiederholt einschlägige Seiten aufzurufen versuche". Damit könne sich ein "Puzzle" zusammensetzen. Die CDU-Politikerin freute sich zudem, dass die Diskussion um Entwicklung der "freiwilligen" Vereinbarungen zu einem Umdenkensprozess in der Wirtschaft geführt habe. So seien nun auch Versatel und United Internet nebst 1&1 bereit, "die Verträge so, wie sie vorliegen, zu unterzeichnen". Es werde daher bei der Umsetzung des gesetzlichen Verpflichtungen keine Übergangsfristen geben.

Als "Wermutstropfen" bezeichnete es die Familienministerin, dass im Rahmen einer Abwägung von Aufwand und Nutzen nur kommerzielle Anbieter mit mehr als 10.000 Kunden erfasst werden sollen. Dies entspreche dann "97 Prozent" des Marktes. Ausgenommen seien auch Behörden und Universitäten mit eigenem Netz. Diese hätten aber ganz klare interne Regelungen, was die Internetnutzung angeht. Sie hoffe, dass der Vorstoß an diesem Punkt vom Parlament noch verschärft werde.

Bundesjustizministerin Brigitte Zypries, die zunächst schwere verfassungsrechtliche Bedenken gegen die vertragliche Lösung ins Feld geführt hatte, räumte ein, dass mit dem Vorhaben Kommunikationsströme im Internet im großen Stil kontrolliert werden müssten. Aber es gehe um einen so hohen Wert, dass die Verhältnismäßigkeit der Eingriffe gewahrt bleibe. Verbindungsdaten und IP-Adressen seien zudem vom Fernmeldegeheimnis geschützt, sodass ein Eingriff hier "nur auf Basis eines Gesetzes" erfolgen dürfe. Der Rechtsstaat verlangt laut der SPD-Politikerin aber auch, dass die über die Stopp-Seite ausfindig gemachten Straftäter verfolgt und anklagt werden. Der Entwurf sehe daher vor, dass es für die Strafverfolger möglich sei, "in Echtzeit" direkt beim Provider auf die IP-Adressen der "Nutzer" des virtuellen Warnschilds zuzugreifen. Eine Strafbarkeit liege schon in dem Moment vor, wenn nicht nachgewiesen werden könne, dass es sich um ein Versehen oder eine automatische Weiterleitung gehandelt habe. Generell mache sich strafbar, wer es unternehme, sich kinderpornografische Bilder und Schriften zu beschaffen. Die Strafandrohung liege dabei bei zwei Jahren.

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(Stefan Krempl) / (jk)