Bewegungserkennung per Funk

Die Grundlagenforschung zur Bewegungserkennung anhand von abgelenkten Funkwellen schreitet voran. Eine internationale Arbeitsgruppe zeigt nun Verfahren, die Personenbewegungen detektieren oder als Smartphone-Implementierung Gesten erkennen.

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Die Forschung an Gestenerkennungstechniken kennt diverse Facetten. Bislang sind für Gestenerkennungen hauptsächlich spezielle Sensoren oder Kameras üblich. Auf der Auswertung von Kamerabildern gründet beispielsweise das Konzept der Spielekonsole Xbox Kinect. Aber eine Bewegungserkennung ist auch anhand von Funkwellen möglich. Sie werden bei der Übertragung vom Sender zum Empfänger durch Personen auf spezifische Weise modifiziert, die sich algorithmisch identifizieren lässt. Daran arbeitet unter anderem eine Forschungsgruppe der Universitäten von Karlsruhe und Tokio.

Michael Beigl und Markus Scholz von der Universität Karlsruhe sowie Yusheng Ji, Shuyu Shi und Stephan Sigg vom National Institute of Informatics in Tokio detektieren Aktivitäten anhand von Laufzeitänderungen der abgeschickten Signale. [Update: Ein Teil dieser Forschungsergebnisse entstand in Kooperation mit Ulf Blanke und Gerhard Tröster von der ETH Zürich.] Die beobachteten Personen sind selbst nicht aktiv an der Bewegungserkennung beteiligt, senden also selbst keine Daten – das Erkennungssystem arbeitet ähnlich einem Radar, der Signale aussendet und deren Echos auswertet. Entsprechend wird diese Forschungsrichtung auch als Device-free Activity Recognition bezeichnet (DFAR).

Die Verfahren unterscheiden laut den Autoren mit hoher Genauigkeit zwischen leeren Räumen und Personen, die darin liegen, kriechen oder stehen. Die entwickelten Prototypen orten die Aktivitäten im Raum mit einer Genauigkeit von weniger als einem Meter.

Gestenerkennung per Funk: Weil das Smartphone unterschiedliche Abweichungen in der Signalübertragung deuten kann, lässt es sich im Prinzip berührungslos steuern.

Die Ergebnisse der Beobachtungen lassen sich zum Beispiel dazu nutzen, bei Ausbleiben bestimmter Bewegungsprofile etwa von betreuten Personen einen Notruf auszulösen. Umgekehrt könnten zum Beispiel bei Urlaubsabwesenheit gesperrte Bereiche definiert werden, innerhalb derer jegliche Personenbewegungen Alarm auslösen.

Zusätzlich zeigt Sigg auf seiner Web-Seite, dass sich die Technik in Smartphones implementieren ließe und dort zum Beispiel Wischgesten berührungslos interpretieren kann. Aber natürlich handelt es sich auch bei der Bewegungserkennung per Funk um eine klassische Dual-Use-Technik: Ist sie erst einmal ausgereift, könnte man damit prinzipiell auch die Bewegung von Personen ohne deren Einverständis erfassen.

Die Ergebnisse sollen im April im IEEE-Journal Transaction on Mobile Computing unter der Bezeichnung "RF-Sensing of Activities from Non-Cooperative Subjects in Device-Free Recognition Systems Using Ambient and Local Signals" erscheinen (Vol. 13 no. 4). Einige Details zur Technik hat Stephan Sigg bereits auf seiner Web-Seite veröffentlicht. [Update: Öffentlich sollen die Arbeiten in Budapest auf der International Conference on Pervasive Computing and Communications vorgestellt werden (PerCom), die vom 24 bis zum 28. März läuft.]

Am gleichen Thema arbeitet auch eine Forschungsgruppe der University of Washington. Das Forscherteam nennt sein Verfahren WiSee und hat erste Ergebnisse bereits Mitte 2013 veröffentlicht. WiSee unterscheidet Ganzkörpergesten wie schieben, ziehen oder auch schlagen. Die Gesten lassen sich für Kommandos nutzen, etwa zur Steuerung von Haushaltsgeräten.

Die Technik setzt einen Empfänger mit mehreren Antennen voraus. Dabei kann jede Antenne auf die Bewegungen eines Nutzers einrasten, sodass WiSee simultan bis zu fünf Personen nutzen können. Damit es keine ungewollten Kommandos versteht, haben die Entwickler das System so eingerichtet, dass es vor der Nutzung der Gestensteuerung mittels einer spezifischen Geste scharfgeschaltet werden muss. Das Kommando kommt also einem Passwort gleich, das auch einen Missbrauch durch Unbefugte verhindert. (dz)