Sommerzeit auf dem Rückzug

Sie spart keine Energie - und viele Länder haben sich deshalb schon wieder von ihr verabschiedet

Der folgende Beitrag ist vor 2021 erschienen. Unsere Redaktion hat seither ein neues Leitbild und redaktionelle Standards. Weitere Informationen finden Sie hier.

Übernächsten Sonntag ist es wieder soweit: Die Uhren werden umgestellt. Was ursprünglich dazu dienen sollte, das Tageslicht besser auszunutzen und so Energie zu sparen, ist mittlerweile ein Ritual geworden, das eigentlich nur noch Bürokratie und vielen Menschen ein Mini-Jetlag verursacht. Aber in einer Zeit, in der sich Menschen sowieso immer weniger am Tageslicht orientieren und in der die Beleuchtung nur mehr einen kleinen Teil des Stromverbrauchs ausmacht, wird der eigentliche Zweck - die Energieersparnis - nicht mehr erfüllt.

Aus Bayern kommt gerade wieder ein Anlauf, die Sommerzeit auch bei uns abzuschaffen. Die bayerische Wirtschaftsministerin Ilse Aigner kündigte an, über eine Petition nachzudenken, die ein Ende der Umstellung von Normal- auf Sommerzeit und vice versa zum Inhalt hat. Sie nannte als von negativen Seiteneffekten davon Betroffene zum Beispiel Eltern, weil deren Kinder sich schwer an die veränderten Schlafenszeiten gewöhnen würden, die Landwirtschaft, weil etwa Kühe Probleme mit der Zeitumstellung hätten, und Logistikbetriebe wie die Deutsche Bahn, die jedes Mal mit viel Aufwand die Uhren und damit den gesamten Fahrplan vor- und wieder zurückstellen müssen.

Auch die Energiewirtschaft geht davon aus, dass die Sommerzeit letztendlich sogar zu einem Energiemehrverbrauch führt. Der BDEW, der Bundesverband der Energie- und Wasserwirtschaft, macht das unter anderem an der abendlichen Freizeitgestaltung fest. An hellen Sommerabenden werde zwar weniger Strom für Licht verbraucht, dafür aber mehr Strom bei abendlichen Freizeitaktivitäten. Und das mache die möglichen geringen Energieeinsparungen für Beleuchtung bei weitem zunichte, denn das Licht hat am Stromverbrauch der etwa 40 Mio. deutschen Haushalte nur einen Anteil von rund acht Prozent. Untersuchungen ergaben, dass bei den Haushalten der Energieverbrauch durch die Sommerzeit letztendlich um rund 1 Prozent ansteigt.

Auch das Umweltbundesamt kann keine Energiespareffekte durch die Sommerzeit feststellen. Die Einsparung an Beleuchtungsstrom wird der Behörde zufolge durch den Mehrverbrauch an Heizenergie wegen der Vorverlegung der Hauptheizzeit überkompensiert. Auf der anderen Seite werde durch die immer größere Verbreitung von Energiesparlampen dieser Effekt in Zukunft noch weiter verstärkt, weil Beleuchtung dadurch immer energieeffizienter wird.

Diese Erkenntnisse sind längst auch in der Politik angekommen. Schon 2005 gab die damalige Bundesregierung zu Protokoll, es sei bekannt, dass die Sommerzeit nicht die erhofften positiven Effekte mit sich bringe. Man wolle aber an der Umstellung festhalten, solange die Mitgliedsstaaten der EU nicht gemeinsam die Absicht hätten, die Sommerzeit abzuschaffen.

Bild: Sommerzeit weltweit auf dem Rückzug. Blau = Sommerzeit benutzt, orange = Sommerzeit nicht mehr benutzt, rot = Sommerzeit nie benutzt. Quelle: Wikimedia. Bei Russland hat sich allerdings ein Fehler in der Darstellung eingeschlichen, worauf uns ein Leser hinwies. Dort wurde die Winterzeit 2011 abgeschafft und gilt nun immer die Sommerzeit.

Sommerzeit weltweit auf dem Rückzug. Blau = Sommerzeit benutzt, orange = Sommerzeit nicht mehr benutzt, rot = Sommerzeit nie benutzt. (Bild: Bild: Paul Eggert. Lizenz: CC BY-SA 3.0)