FDP will stärkeren Datenschutz schnellstmöglich umgesetzt sehen

Zum vierten Mal innerhalb weniger Wochen hat der Bundestag über die Sicherung der Privatsphäre im nicht-öffentlichen Sektor debattiert, dieses Mal anhand eines umfangreichen Antrags der Liberalen.

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Zum vierten Mal innerhalb eines Monats hat der Bundestag am heutigen Mittwoch lebhaft über die Sicherung der Privatsphäre in der Wirtschaft gestritten. Nach einer Diskussion von zwei Anträgen der Grünen zur Verbesserung des Arbeitnehmerdatenschutzes, einer aktuellen Stunde zu den Bespitzelungsaffären bei der Deutschen Telekom und bei Lidl sowie einer Aussprache über die jüngsten Tätigkeitsberichte des Bundesdatenschutzbeauftragten war dieses Mal ein umfangreicher Antrag der FDP-Fraktion zur Verbesserung des Datenschutzes im nicht-öffentlichen Sektor Anlass der Debatte.

"Wir sind in den letzten Wochen wachgerüttelt worden", brachte Gisela Piltz, innenpolitische Sprecherin der Liberalen, die Stimmung im hohen Haus und in einem Teil der Bevölkerung auf den Punkt. Die jüngsten Fälle an krassen Datenschutzverletzungen in der Wirtschaft hätten gezeigt, "dass wir buchstäblich datennackt durch die Gegend laufen". Schnellstmögliche Abhilfe sei daher geraten, wobei auch die staatlichen Datensammlungen zu überprüfen seien. Sie hoffe, dass zumindest das Datenschutzauditgesetz noch in dieser Legislaturperiode verabschiedet werde. Bildreich warb die FDP-Politikerin für das Ansinnen ihrer Partei: "Datenschutz ist kein innovationshemmendes Teufelszeug, sondern die Menschenwürde respektierendes Ambrosia."

Konkret schlagen die Liberalen etwa eine Stärkung der Stellung der betrieblichen Datenschutzbeauftragten vor. Diesen sollte eine von der Geschäftsleitung unabhängige Prüfungskompetenz eingeräumt werden. Außerdem verlangen sie, das Sanktionssystem des Bundesdatenschutzgesetzes zu überprüfen und zu verbessern. Die Nutzung von RFID-Chips solle so gesetzlich geregelt werden, dass die Etiketten spätestens bei Verlassen des Ladens automatisch unwiderruflich deaktiviert würden. Die FDP pocht weiterhin darauf, dass Unternehmen die Erstellung und Vorlage eines Gentestes bei Mitarbeitern nicht verlangen dürften. Den Verzicht auf die Vorratsspeicherung von Telefon- und Internetdaten sowie die Einleitung eines parlamentarischen Verfahrens zur Aufhebung der dazu erlassenen gesetzlichen Grundlagen verlangen die Liberalen ebenfalls.

Unterstützung erhielt die FDP vor allem aus den Reihen der anderen Oppositionsparteien. Das Datenschutzrecht müsse rasch auf die Höhe des Internetzeitalters gebracht werden, befand Petra Pau, stellvertretende Fraktionsvorsitzende der Linken. Ihre Partei stimme daher dem Anliegen der Liberalen "grundsätzlich zu". Der Gesetzgeber sei aber der Bundestag, sodass die Bundesregierung die falsche Adresse für die Forderungen sei. Zudem berücksichtige der Antrag zu wenig die Gefahr, dass ganz sensible persönliche Daten etwa über die elektronische Gesundheitskarte zwischen dem öffentlichen und dem privaten Sektor hin und her wechseln würden. Es wäre daher umso dringlicher, "das Grundgesetz auf die Höhe der Zeit zu heben". Generell müsse sich die SPD endlich beim Datenschutz aus dem ihr von der Union angelegten Koalitionskorsett befreien.

Mit derlei Ansagen träufelte Pau Wasser auf die Mühlen der Grünen, die gerade einen Entwurf zur Verankerung des Datenschutzes im Grundgesetz beschlossen haben. Es reiche nicht aus, bei den Sicherheitsgesetzen immer "an die Grenze" zu gehen und dann auf das Bundesverfassungsgericht zu warten, warb die Innenexpertin der Grünen, Silke Stokar, schon einmal für den Vorstoß. Es seien aber auch "Fehler im System zu beheben". So müsse das Büro des Datenschutzbeauftragten nach Berlin ziehen und dem Parlament anstatt dem Bundesinnenministerium unterstellt werden. Zudem sei die Behörde mit zehn zusätzlichen Stellen für Kontrollen auszurüsten. Weiter plädierte Stokar für eine radikale Umkehr in der Datenschutzpolitik. Bei weiteren halbherzigen Reaktionen folge sonst "ein Skandal auf den anderen". Anträge etwa zur Eingrenzung des Scorings für die Kreditwürdigkeit ihrer Fraktion lägen vor. Ansonsten sei das bundesweite Datenschutzgütesiegel überfällig.

"Wir haben Argumente für das Auditgesetz geliefert", drängte auch Jörg Tauss, Datenschutzexperte der SPD-Fraktion, die Regierung bei dem sich noch auf Referentenebene befindlichen entsprechenden Vorhaben zur Eile. Es sollte einer Firma so die Möglichkeit gegeben werden, mit dem Nachweis des verantwortungsvollen Umgangs mit Daten zu werben. Auch das von der FDP aufgeworfene Verbot einer Koppelung wirtschaftlicher Angebote mit der Preisgabe persönlicher sei zu diskutieren. Zudem habe man die dauernden Zusagen der RFID-Lobby, sich um den Datenschutz selbst zu kümmern, oft gehört. Es seien aber noch keine Schritte unternommen worden, um die Technik gemeinsam mit Datenschützern zu entwickeln und der deutschen Industrie so einen globalen Wettbewerbsvorteil zu verschaffen. Auch die vielfach geforderte grundlegende Modernisierung des Datenschutzrechts bleibe auf der Tagesordnung. Trotzdem sei der FDP-Antrag insgesamt nicht so gut, "dass wir ihm zustimmen können".

Noch größere Skepsis verbreitete die Innenexpertin der CDU/CSU-Fraktion, Beatrix Philipp. "Alle Kundigen waren sich einig, dieses Mal nicht zu Überreaktionen und Schnellschüssen zu kommen", meinte sie im Hinblick auf die jüngsten Datenschutzskandale. Es mute daher seltsam an, "wenn dieselben Themen auf verschiedenen Ebenen diskutiert werden". Viele der Forderungen seien ferner schon gesetzlich geregelt, in Gesetzesentwürfen der Regierung enthalten oder selbstverständlich. Um etwa einen Datenmissbrauch bei Kundenkarten oder bei Funkchips zu vermeiden, sei es am besten, das Eigeninteresse der Unternehmen so zu stärken, dass sie selbst hohe Maßstäbe beim Datenschutz anlegen würden. (Stefan Krempl) / (pmz)