Moderne Bundeswehr: Die körperliche Fitness muss nicht alles sein

Außer Kontrolle

Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen stellt die bisherigen Auswahlkriterien für Tauglichkeit bei Soldaten in Frage. Zu einem ungünstigen Zeitpunkt

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Die NATO muss mehr Präsenz in Osteuropa zeigen, so die Verteidigungsministerin Ursula von der Leyen jüngst in einem Interview mit dem Spiegel. Schließlich sei sie nicht nur ein militärisches, sondern auch ein politisches Bündnis, dessen demokratischer Wertekanon eine hohe Anziehungskraft auf Neumitglieder entfaltet. Da sich die Lage auf der Krim in nächster Zeit kaum entspannen dürfte, wird die Forderung nach mehr Präsenz auch von deutschen Soldaten bestehen bleiben.


Es ist nicht das erste Mal, dass Ursula von der Leyen von mehr Auslandseinsätzen (bzw. höheren Kontingenten) spricht. Während sie ein Mandat für einen Einsatz in Zentralafrika noch ablehnte, sprach sie bereits im Januar davon, dass neue Einsätze möglich sein müssten. "Wir können nicht zur Seite schauen, wenn Mord und Vergewaltigung an der Tagesordnung sind, schon allein aus humanitären Gründen" begründete sie damals ihre Ansichten.

Auch der Vorschlag, den Soldatenberuf attraktiver zu gestalten, ist keine neue Idee der Verteidigungsministerin. Die bessere Vereinbarkeit von Beruf und Familie soll insbesondere auch auf Frauen anziehend wirken - doch der letzte Bericht des Wehrbeauftragten zeigte, dass diese Überlegungen vor allem daran kranken, dass zu wenig Personal vorhanden ist. Die Regenerationszeiten zwischen Auslandseinsätzen werden beispielsweise nur bedingt eingehalten, da es an eben diesem Personal fehlt.

Um nun für mehr Personal zu sorgen, sollen die Voraussetzungen für die Tauglichkeit überprüft und ggf. verändert werden. Der moderne Soldatenberuf erfordert, so die Begründung, nicht mehr von allen bei der Bundeswehr beschäftigten Soldaten die gleiche körperliche Fitness. Vielmehr seien andere Aspekte wichtig, z.B. "die Fähigkeit zum vernetzten Arbeiten, soziale Kompetenzen, eine moderne Unternehmenskultur und ein ausgeprägtes Technikverständnis".

Der Vorstoß - wenn auch nicht neu - kommt eher zu einer ungünstigen Zeit. Die Vermutung, hier solle quasi "Kanonenfutter" für die weiteren Auslandseinsätze gefunden werden, liegt nahe. Zwar ist körperliche Fitness nicht alles - doch die Frage bleibt offen, wie stark die Anforderungen gesenkt werden sollen und ob dies letztendlich wirklich sinnvoll ist.