Kondocoin & Co.: Bitcoin-Automaten im Selbstbau

Auch bei Bitcoin-Automaten muss es nicht immer von der Stange sein: Im Selbstbau lassen sich alte Automaten zu Spendern der virtuellen Währung umfunktionieren. Und ein quelloffenes Projekt zeigt, wie ein Gerät komplett neu gebaut werden kann.

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Inhaltsverzeichnis

Die kommerzielle Variante: 20.000 US-Dollar kostet der Automat von Robocoin, der in Bitcoins und wieder zurück tauscht.

(Bild: Robocoin)

Die Bitcoin-Automaten kommen: Von Singapur über Finnland bis Mexiko werden weltweit die ersten kommerziellen Geräte für den Tausch von herkömmlichem Geld in Bitcoins aufgestellt. Ein Großteil der Automaten stammt momentan von den Herstellern Robocoin und Lamassu, wie zum Beispiel der in Berlin aufgestellte. Doch statt tausende US-Dollar dafür auszugeben, lässt sich Technik zum Geldwechseln auch im Selbstbau umsetzen. Zum Beispiel in Form eines 150 Euro teuren Kunstprojekts: Der erste Automat für Bitcoins in Deutschland und möglicherweise sogar der erste Welt wurde im Juli 2012 vom damaligen Kunststudenten Max Albrecht erdacht und gebaut.

2012 befasste Albrecht sich erstmals mit der virtuellen Währung und las sich tiefer ein. Eine Studien-Exkursion nach Griechenland, bei der er die Auswirkungen der Eurokrise aus erster Hand erlebte, brachte ihn schließlich auf die Idee eines Automaten für das Kryptogeld. "Künstlerisch ging es mir aber auch um die Übertragung einer rein digitalen Währung zurück ins Analoge. Ich finde es gerade spannend, dass der Automat ohne Strom funktioniert", erklärt Albrecht.

Ein Kunstprojekt: An der Bauhaus Uni in Weimar kann man sich für 3 Euro Bitcoins vom Automaten ziehen.

(Bild: (CC BY-SA 4.0)/Kilian Ullmann)

Das Gerät, das in einer Ausstellung der Weimarer Bauhaus-Universität erstmals aufgestellt wurde, ist im Grunde ein kaum modifizierter Automat, wie er als Kondomspender von Kneipentoiletten bekannt ist. Anders als die kommerziellen Bitcoin-Automaten, die sich mit Bitcoin-Börsen verbinden, über ihre Software eine Wallet verwalten und Bitcoins an den Kunden überweisen können, bleibt der Automat dem mechanischem Prinzip treu: Statt Verhütungsmitteln spuckt er nach Münzeinwurf Schachteln mit einem Nachweis für einen Gegenwert in Bitcoin aus.

Den müssen die Nutzer dann selbst noch einlösen: In der ersten Version des Automaten war es noch ein Zettel mit Code, den die Käufer bei dem Online-Wallet-Anbieter Easywallet einlösen konnten. Bei der Weiterentwicklung seines Automaten fand Albrecht Paperwallets deutlich interessanter. Auf diese ausgedruckten Bitcoin-Adressen hat Albrecht zuvor Guthaben übertragen. Für die Herstellung der Paperwallets nutzt er unter anderem einen Fork des Dienstes Bitaddress. Über den ebenfalls aufgedruckten privaten Schlüssel kann man das Guthaben dann seiner eigenen Wallet hinzufügen.

Ein Schild zeigt den Preis an, zu dem die Paperwallets im Automaten bestückt wurden. Der aktuelle Bitcoinpreis kann aber schon ganz woanders liegen.

(Bild: (CC BY-SA 4.0)/Kilian Ullmann)

Das Verfahren ist für Albrecht nicht nur künstlerisch wertvoll: "Als Betreiber müsste man sonst für weitere Automatisierung sorgen, wenn Coupons genutzt werden sollen: Es müsste dann auch live bei einer Börse zu diesem Kurs umgetauscht werden." Der Nachteil: Weder Verkäufer noch Käufer bekommen so den aktuellen Gegenwert. Denn zwischen Ziehung am Automaten und Bestückung der Wallets kann sich der Preis gut und gerne halbiert oder auch verdoppelt haben. Andererseits ist bei einem Einwurf von 3 Euro auch nicht mit einem Ansturm von Währungsspekulanten auf den Kunst-Automaten zu rechnen. Der steht übrigens immer noch öffentlich zugänglich an der Bauhaus-Uni in Weimar – zu finden im dortigen Haus der Studierenden.

Äußerlich ganz ähnlich, aber mit einem ganz anderen Einlöseverfahren arbeitet der im September 2013 fertiggestellte Kondocoin des Wirtschaftsingenieurs Mathias Dalheimer. Auch sein für 40 Euro bei Ebay erworbener, ausrangierter Kondomautomat gibt dem Käufer eine Schachtel mit Zettel aus. Den Code darauf löst man aber auf einer Webseite ein, woraufhin vom dahinterstehenden Server Bitcoins zum aktuellen Preis auf die gewünschte Bitcoin-Adresse überwiesen werden.

Kondocoin, der Bitcoin-Automat (6 Bilder)

Der Kondocoin: Ein ausrangierter Kondomautomat, für 40 Euro auf ebay erworben, spendet jetzt Bitcoins. (Bild: heise online/ogo)

Auf dem Server läuft eine Ruby-on-Rails-Applikation, die die Einlöse-Codes generiert und dann bei Eingabe abgleicht. Und über einen Cronjob holt sie alle fünf Minuten den Bitcoin-US-Dollar-Kurs der Börse Bitstamp ein sowie von der EZB den Wechselkurs US-Dollar in Euro – so kann der errechnete Bitcoin-Gegenwert von 1,80 Euro von der Hot-Wallet auf dem Server angewiesen werden. Der Quellcode dafür ist auf Github dokumentiert. Gewinn macht Dalheimer mit seinem Bastelprojekt nicht: "Transparenz-Funfact: Ich habe damit vielleicht 100 Euro eingenommen und wesentlich mehr ausgegeben."

Dem Wirtschaftsingenieur aus Kaiserslautern ging es auch eher darum, einen möglichst leichten Einstieg in die Welt der Bitcoins zu schaffen: "Da musst du dich mit der Software auseinandersetzen, du musst du dich mit Börsen in komischen Ländern beschäftigen und vieles mehr. Da war meine Überlegung: Du gehst einfach zu einem Automaten, wirfst da zwei Euro rein und dann hast du was, mit dem du zumindest spielen kannst."

Der Automat war bislang auf vier Konferenzen ausgestellt, zuletzt dem 30C3, wo er sich regen Zuspruchs erfreute. Eine wirklich kommerzielle Nutzung kommt für Dalheimer nicht in Frage: "Dann wäre ich ein Finanzdienstleister. Da brauchst du eine Genehmigung der Bafin, du musst dich um Geldwäschetransparenz kümmern. Das ist eine Welt von Rechtsanwälten und Schmerz." Statt Schmerz zieht Dalheimer bilaterale Lösungen vor: Unter anderem steht er mit dem Hackerspace in Mainz in Verbindung. Die Mainzer wollen Dalheimers Verfahren für ihren Getränke- und Süßigkeitenautomaten umsetzen – wenn es jemanden neben Cola und Snickers auch mal nach Bitcoins gelüstet.

Quelloffen und transparent: Der Open Bitcoin ATM verfügt über einen Geldscheinprüfer und gibt dagegen Paperwallets aus.

(Bild: Open Bitcoin ATM)

Blaupause für einen komplett neuen Automaten ist das Projekt Open Bitcoin ATM. Der Erbauer des Geräts John Mayo-Smith betont auf der Projektseite ausdrücklich, dass es sich hierbei um ein sogenanntes Proof-of-Concept handelt. Deshalb fehlen viele Komfortfunktionen der Kaufautomaten, etwa ein Netzwerkzugriff auf Bitcoin-Handelsplätze, Authentifizierungsmöglichkeiten für Nutzer oder auch der Rücktausch von Bitcoins. Auch eine Bildschirmausgabe ist für den Open-Bitcoin-ATM noch nicht vorgesehen.

Der Automat besteht im Wesentlichen aus einem Arduino-Mikrocontroller, einem Thermodrucker und einem Geldscheinprüfer für US-Dollar. Der Arduino wird mit einem SD-Karten-Adapter erweitert und mit einem kleinen Programm (dem sogenannten Sketch) programmiert. Auf einer SD-Karte liegen dann vorgefertigte QR-Codes in einem für den Ausdruck geeigneten Format. Eigene QR-Codes kann der Arduino nicht generieren. Der Geldscheinprüfer besitzt eine 14-polige externe Schnittstelle, welche dem Arduino den Eingang einer gültigen Ein-Dollar-Note meldet. Die Konfiguration des Geldscheinprüfers erfolgt über eine Konfigurationskarte, welche anstelle eines echten Geldscheins eingelegt wird. Ein Überblick über alle notwendigen Komponenten und eine Anleitung zum Nachbau stehen auf der Projekt-Webseite der Allgemeinheit zur Verfügung.

Mit dieser Ausstattung kann der Automat konventionelle Geldscheine annehmen, auf ihre Echtheit überprüfen und gegen vom Betreiber vorher generierte und bestückte Paperwallets umtauschen. Den Bitcoin-Betrag liefert der Automat auf einem kleinen ausgedruckten Zettel, welcher einen privaten Schlüssel als einen 176 × 176 Pixel großen QR-Code enthält. Um die Einlösung müssen sich die Käufer wieder selbst kümmern: Sie können zum Beispiel den QR-Code mit ihrem Smartphone abfotografieren und beim Onlinedienst Blockchain.info auf ihre dortige Wallet übertragen. Genau wie der Bauhaus-Automat hat also auch der Open Bitcoin ATM den Schönheitsfehler, dass zwischen Bestückung der Wallets und Kauf am Automaten große Achterbahnfahrten im Bitcoinpreis liegen können. Aber dafür kosten die Komponenten eben auch nur den Bruchteil der 5000 US-Dollar für einen fabrikneuen Lamassu-Automaten.

(ogo) / (axk)