Medienrechtsforum: Forderungen nach Ausweitung von Internetsperren

Internet-Angebote mit illegalem Glücksspiel und urheberrechtsverletzenden Inhalten sollten in die von der Bundesregierung geplanten Internetsperren einbezogen werden, forderten Teilnehmer des Kölner Forums Medienrecht.

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Von
  • Torsten Kleinz

Auf dem Kölner Forum Medienrecht haben Vertreter des Buchhandels und der hessischen Landesregierung Access-Blockaden gegen Urheberrechtsverletzungen und ausländische Glücksspiel-Anbieter gefordert. Zuvor hatten sich Gegner und Befürworter der von der Bundesregierung geplanten Access-Blockade von Kinderporno-Seiten einen heftigen Schlagabtausch geliefert.

Heinrich Sievers, Leiter des Referats Glücksspiel im Hessischen Innenministerium, kritisierte die Internet-Provider scharf, die allein Access-Blockaden gegen Kinderpornografie einrichten wollen. Für Sievers kommt das Internet damit einem "rechtsfreien Raum" gleich. Um mögliche grundrechtliche Bedenken auszuräumen, empfiehlt Sievers den Providern, ihre Allgemeinen Geschäftsbedingungen so anzupassen, dass sie ungesetzliches Verhalten unterbinden können.

Sievers widersprach der gängigen Interpretation eines umfassenden Telekommunikations-Geheimnisses: "Ich gehe davon aus, dass das Fernmeldegeheimnis nur für die Kommunikation zwischen Menschen und nicht für die Kommunikation zwischen Maschinen gilt." So sei erst ab dem Einloggen auf einer Webseite eine individuelle Kommunikation gegeben, alle Schritte davor seien eher mit dem Rundfunk vergleichbar. Der Lotterie-Staatsvertrag biete eine ausreichende Grundlage, um Sperrverfügungen auszustellen.

Den Providern wirft Sievers Irreführung vor: Er habe ihnen bereits vorgeschlagen, freiwillig 25 Seiten zu sperren – das sei unter Verweis auf technische Probleme abgelehnt worden. Nur wenig später hätten jedoch einige Provider Verträge zu Access-Blockaden unterschrieben. Auch den Bundesverband deutscher Banken habe er um Hilfe ersucht – die Geldinstitute seien aber nur bereit gewesen, inländische Konten zu sperren, wenn diese gemeldet würden.

Christian Sprang, Leiter der Rechtsabteilung des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, plädierte für Access-Blockaden gegen Angebote, die das Urheberrecht verletzen. Er warf den Providern eine bewusste Zusammenarbeit mit rechtsverletzenden Angeboten vor, weil sie dort Werbung schalten könnten. Die Internetwirtschaft könne ihren guten Willen zeigen, indem sie auf Werbung auf Angeboten wie Rapidshare verzichteten, sagte Sprang.

Da der zivilrechtliche Auskunftsanspruch gegen Filesharing-Benutzer mittlerweile Wirkung zeige, verlagerten sich die Urheberrechtsverstöße auf One-Click-Hoster, erläuterte Sprang. Dieselben Anbieter, die Kinderpornografie verbreiten und mit Phishing arbeiten würden, betrieben auch Server mit urheberrechtswidrigen Inhalten. Diese "Internet-Mafia" finanziere sich unter anderem durch Werbung für Flatrate-Angebote der Provider und für pornografische Angebote. "Wenn man an solche Angebote herankommen will, die im Ausland sitzen, sehe ich keinen anderen Weg als Access-Sperren", sagte Sprang. Die Kosten sollten an die Kunden der Provider weitergereicht werden.

Stefan Engeln von United Internet wies den Vorwurf der Mittäterschaft zurück. Zwar tauche ab und zu Provider-Werbung bei Download-Angeboten auf, die Provider hätten aber kein Interesse daran, gezielt Kunden solcher Angebote zu werben: "Solche Kunden sind für uns absolut unrentabel."

Dass die Provider künftig für jeden illegalen Inhalt im Internet in Anspruch genommen werden sollen und das Haftungsprivileg abgeschafft werden soll, gehe mit einer kompletten Änderung des Geschäftsmodells einher, meint Engeln. Dann stelle sich ihnen die Frage, ob sie nur noch mit zertifizierten Inhalteanbietern sprechen sollten. Die Rechnung für die anfallenden Kosten würden die Provider dann nicht nur auf die Kunden abwälzen, sie würden auch vom Buchhandel Geld für die Zuführung legalen Traffics verlangen. Er nehme an, dass die Befürworter solcher weitergehenden Verantwortung der Provider die Konsequenzen ihrer Forderungen überdacht haben, sagte der Jurist. (Torsten Kleinz) / (anw)