Gutachten: Keine rechtliche Handhabe gegen US-Drohneneinsätze

Die US-Stützpunkte in Deutschland sollen in die völkerrechtlich umstrittenen Drohnenangriffe in Pakistan und dem Jemen involviert sein. Eine rechtliche Handhabe gibt es einem Gutachten zufolge nicht. Die Grünen fordern aber eine politische Reaktion.

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  • dpa

Die Bundesregierung hat nach einem Gutachten des wissenschaftlichen Dienstes des Bundestags keine Möglichkeit, rechtlich gegen eine mögliche Steuerung der US-Drohnenangriffe von Deutschland aus vorzugehen. "Sieht man einmal von der (theoretischen) Möglichkeit ab, den Aufenthaltsvertrag einseitig zu kündigen, so bleiben der deutschen Regierung nur politische Reaktionen wie z.B. rechtlicher Protest oder bilaterale Konsultationen", heißt es in dem vom Grünen-Abgeordneten Omid Nouripour in Auftrag gegebenen Gutachten, das der dpa vorliegt.

Eine Reaper-Drohne der US Air Force

(Bild: U.S. Air Force)

Bereits vor einem Jahr hatte es erste Berichte darüber gegeben, dass das US-Kommando für die Afrika-Einsätze, "Africom", in Stuttgart und die US-Luftwaffenbasis im rheinland-pfälzischen Ramstein in die Steuerung von Drohnenangriffen involviert sein könnten. Süddeutsche Zeitung, NDR und WDR berichteten am Donnerstag über weitere Indizien für eine zentrale Rolle des Stützpunkts in Ramstein bei Drohneneinsätzen weltweit.

In dem Gutachten vom 30. Januar 2014 heißt es, der Generalbundesanwalt prüfe zwar die Einleitung eines strafrechtlichen Ermittlungsverfahrens. "Die Verfolgung von Straftaten der in Deutschland stationierten Angehörigen der US-Streitkräfte sind jedoch (...) völkerrechtlich sehr begrenzt." Die Strafgerichtsbarkeit über die in Deutschland stationierten US-Streitkräfte liege bei den USA. Auch Ermittlungen würden sich schwierig gestalten. "So sind der Zutritt deutscher Behörden zu ausländischen militärischen Liegenschaften beziehungsweise Durchsuchungen oder Beschlagnahmungen nur mit Zustimmung der ausländischen Kommandeure zulässig."

Nouripour forderte die Bundesregierung auf, politisch gegen eine mögliche Beteiligung der US-Stützpunkte in Deutschland an Drohnenangriffen vorzugehen. "Es ist nicht zu erwarten, dass die Amerikaner auf unsere Kritik hin sofort das Büßerhemd anziehen", sagte er. "Aber es ist beschämend, dass die Bundesregierung vor den völkerrechtswidrigen Handlungen von deutschem Boden aus einfach die Augen verschließt. Merkels Meisterschaft im konsequenten Wegschauen allerdings wird zu nichts führen."

Eine bewaffnete Drohne des Typs MQ-9 Reaper

(Bild: U.S. Air Force)

Regierungssprecher Steffen Seibert deutete an, dass die Bundesregierung von den USA eine Stellungnahme zu den neuen Berichten verlangen werde. Die Berichterstattung werde "ernst genommen", sagte er am Freitag. Die Regierung sei mit den US-amerikanischen Stellen über alle Facetten der Zusammenarbeit in Kontakt. "In diesem Kontakt werden alle Themen angesprochen." Dazu zählten auch Medienberichte. Bisher hätten die USA versichert, dass von ihren Stützpunkten in Deutschland Drohnenangriffe "weder geflogen noch gesteuert werden", sagte Seibert.

Die USA nutzen Kampfdrohnen, um gezielt gegen Terroristen vorzugehen. Nach den Recherchen des Investigative Bureau of Journalism wurden allein in Pakistan seit 2004 bei fast 400 Angriffen mindestens 2300 Menschen getötet. Im Jemen und in Somalia sollen weitere 300 Menschen durch Drohnen-Einsätze ums Leben gekommen sein. Offizielle Angaben dazu gibt es nicht. (mho)