"I-Checkit": Mehr Kontrollen von Reisenden

Interpol fordert im Windschatten der Suche nach MH370 die Aufrüstung von Grenzkontrollen

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Die internationale Polizeiorganisation Interpol kocht bei der Suche nach dem vermissten Flug MH370 ihr eigenes Süppchen und wirbt für die vermehrte Kontrolle von Reisebewegungen. Hierauf macht der US-Aktivist Edward Hasbrouck aufmerksam, der sich seit Jahren für ungehinderte und nicht protokollierte Grenzübertritte stark macht.

Bereits kurz nach dem Verschwinden des Flugzeugs von Malaysian Airlines wurde bekannt, dass zwei iranische Passagiere vermutlich mit Papieren unterwegs waren, die ihnen nicht gehörten. Damals wurde auch ermittelt, ob die beiden einen terroristischen Hintergrund hätten.

Inmitten der fieberhaften Suche nach dem Flieger hatte Europol die Gunst der Stunde genutzt und Schuldzuweisungen an die zuständigen Grenzbehörden gerichtet: Diese hätten die Reisedokumente beim Einchecken nicht mit einer Datenbank von Interpol abgeglichen, in der gestohlene Ausweispapiere gespeichert werden. Hasbrouck bezeichnet die nach dem 11. September 2001 eingerichtete Datensammlung bei Interpol als "blacklist“.

Kurz darauf ruderte Interpol zurück und meldete, es verdichteten sich Hinweise, dass es sich nicht um "Terroristen" handele. Tags zuvor hatten sich tatsächlich neue Hinweise ergeben: In Deutschland wartete bereits die Mutter eines der Reisenden. Als er nicht wie verabredet eintraf, war ihr Sohn selbst bei Interpol als "vermisst" gemeldet worden.

Auch Malaysia kündigt nun die Aufrüstung seiner Grenzkontrollen an. Grenzbehörden wollen im Juni ein neues "Advanced Passenger Screening System" einführen, das bei Grenzübertritten die Informationen über Reisende mit Polizeidatenbanken vergleicht.

"I-Checkit" soll Abfragen bei Interpol verpflichtend machen

Interpol beabsichtigt, unter dem Namen "I-Checkit" ein noch weitgehenderes, globales Register einzurichten. Dort werden ebenfalls Inhaber gestohlener oder verlorener Dokumente gespeichert. Das Register soll aber auch dann abgefragt werden, wenn ein Bankkonto eröffnet wird, ein Auto gemietet oder in ein Hotel eingecheckt wird.

Keine Abteilung von Interpol verfügt über die Ermächtigung, Reiseverbote zu verhängen. Nun versucht die Organisation, über den Umweg der Internationale Zivilluftfahrt-Organisation (ICAO) zu mehr Autorität zu gelangen: Interpol wünscht, dass die Abfragen seiner Datenbanken bei jedem Boarding verpflichtend werden. Sollte dies bei der ICAO als Standard ausgewiesen werden, müssten sich alle Mitglieder der ICAO daran halten.

Gleichwohl werden die bei Interpol geführten Datenhalden schon jetzt von einzelnen Regierungen für Repressalien genutzt. So wurde bekannt, dass das US-Militär mit Interpol zwei Projekte gestartet hat, um "Terroristen" und ihr Umfeld auszuforschen.

Dabei geht es um Daten, die bei Operationen des Militärs im Irak und in Afghanistan anfallen. Über Interpol werden die Informationen auch an Europol weitergereicht. Die EU-Polizeiagentur hat selbst eine Datensammlung eingerichtet, in der die EU-Mitgliedstaaten entsprechende Hinweise ablegen. Auf diese Weise wurde dann über Interpol erfragt, ob das deutsche Bundeskriminalamt über Informationen zu den vermeintlichen "Kämpfern" verfüge (siehe Wie Europol und Interpol denUS-Drohnenkrieg unterstützen).

EU-Grenzen unter Vorwand der "Terrorismusbekämpfung" aufgerüstet

In der Europäischen Union werden die Themen "Terrorismus" und "Grenzschutz" ebenfalls zusehends vermischt. Derzeit diskutieren die Mitgliedstaaten über einen Entwurf von entsprechenden Ratsschlussfolgerungen, um eine ganze Reihe von Maßnahmen vorzuschreiben.

So sollen Polizei-, Zoll- und Grenzbehörden mehr zusammenarbeiten und Grenzbeamte in der "Terrorismusbekämpfung" fortgebildet werden. Mitgliedstaaten sollen häufiger von der Möglichkeit Gebrauch machen, zeitweise Kontrollen der EU-Binnengrenzen wieder einzuführen. Die EU-Grenzagentur Frontex soll sich verstärkt mit "terroristischen Bedrohungen" befassen und Reisebewegungen "feindlicher Kämpfer" analysieren.

Hierzu soll die Agentur zusammen mit Europol oder dem "Anti-Terrorismuskoordinator" auch mit "Drittstaaten" kooperieren und sich dort für die Aufrüstung entsprechender Systeme einsetzen.

Auch Datenbanken werden in dem Papier benannt: Das kürzlich aufgebohrte Schengener Information System (SIS II) soll beispielsweise vermehrt für Zwecke des "Anti-Terrorismus" in Stellung gebracht werden und hierzu "voll ausgenutzt" werden. Auch die Einrichtung eines EU-Passagierdatensystems steht weiterhin auf der Agenda. Während die Kommission hierzu mittlerweile eine ablehnende Haltung vertritt, hatte Großbritannien auf der Erwähnung in den anvisierten Schlussfolgerungen bestanden.

Mit dem Paket "Intelligente Grenzen" steht auch ein von Deutschland propagiertes System im Mittelpunkt. Ursprünglich zum Aufspüren überzogener Aufenthaltsgenehmigungen gedacht, setzt sich das Bundesinnenministerium für eine vorwiegend polizeiliche Nutzung der zukünftigen Datensammlung ein. Vorgesehen ist, von allen Reisenden alle zehn Fingerabdrücke abzunehmen (siehe: Bundespolizei stellt automatisierte Kontrollgates für neue EU-Vorratsdatensammlung auf).