Auslöschen statt Sperren

Ursula von der Leyen soll künftig allein über Abschuss von Terrorflugzeugen entscheiden

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Nach Informationen des SPIEGEL plant die Koalition den Einsatz der Bundeswehr über dem Inneren. So soll Art. 35 GG geändert werden, um für den Fall von entführten Flugzeugen der Bundesverteidigungsministerin die Lizenz zum Töten auszustellen. Eine einfachgesetzliche Regelung im Luftsicherheitsgesetz, welche die Befehlskette für den Einsatz militärischer Mittel zur Terrorabwehr im Inland pragmatisch auf das Bundesverteidigungsministerium verkürzte, hatte das Bundesverfassungsgericht 2013 kassiert.

Der vormalige Bundesinnenminister Wolfgang Schäuble, der vor einem Jahrzehnt zu einem Luftkampf aufgestiegen war, wurde seinerzeit im Eilverfahren von Kabarettist Mathias Richling abgefangen, bevor 2006 die Verfassungsrichter in Karlsruhe den Sicherheitsfanatiker wieder der Bodenhaftung zuführten. 2012 beschränkte das Bundesverfassungsgericht einen möglichen Abschuss auf den Fall, dass hiermit ein Fall katastrophalen Ausmaßes abgewendet würde; 2013 forderte es insoweit die Einbeziehung des gesamten Kabinetts, weil es seine Pappenheimer kannte. Leichtfertige Fehlentscheidungen wie das Bombardement von Kunduz wollten die im Inland lebenden und fliegenden Richter nicht den Militärs überlassen.

Eine derzeit verfassungsrechtlich gebotene Konsultation des Kabinetts im Eilfall dürfte allerdings kaum innerhalb der Handlungsspielräume zu realisieren sein. Die Große Koalition kann eine entsprechende Änderung des Grundgesetzes mit eigener Zwei-Drittel-Mehrheit durchsetzen. Lästige verfassungsrechtliche Diskussionen darüber, ob die Entscheidung über den Abschuss einer durch Opportunismus und Faktenresistenz aufgefallenen Person wie "Zensursula" von der Leyen und ihren familienfreundlichen Kriegern übertragen werden sollte, müssen daher nicht mehr in der Öffentlichkeit geführt werden.

Der Eifer populistischer Sicherheitspolitiker bei der Terrorabwehr bedient eher psychologische Befindlichkeiten als tatsächliche Bedürfnisse. Die Gefahr etwa, an einem Terroranschlag zu sterben, ist statistisch gesehen zu vernachlässigen, während das Ausmaß tatsächlicher Lebensgefahr unterschätzt wird, etwa Falschbehandlung und Hygienemängel in Krankenhäusern, Nikotin und Alkokohol. 100%ige Terrorsicherheit können indes auch Hardliner nicht bieten.