Big Brother Awards 2014

Großer Bruder NSA räumte ab

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Die diesjährige Vergabe der unbeliebten Big Brother Awards der Datenschützvereinigung Digital Courage stand – wie könnte es anders sein – im Zeichen des NSA-Skandals. In der Kategorie „Politik“ war denn auch das Bundeskanzleramt nicht mehr zu schlagen, nachdem es die wohl größte Spionageaffäre aller Zeiten doch etwas früh „für beendet erklärt“ hatte. Bundeskanzlerin Angela Merkel darf den Preis nun direkt neben ihr Handy stellen, das in Zukunft selbstverständlich nicht mehr von Herrn Obama belauscht wird.

In der Kategorie "Wirtschaft" konnte sich der US-Kenzern Computer Sciences Corporation (CSC) qualifizieren, bei dem selbst Bundesbehörden ihre Daten und die ihrer Bürger pflegen lassen, obwohl die Verbindungen von CSC zur US-Geheimdienstwelt auffälliger nicht sein könnten. Selbst den Staatstrojaner ließ man beim US-Unternehmen validieren. CSC bemüht sich bisweilen allerdings auch um Datenschutz - etwa zugunsten der CIA, der CSC ihren Flieger für diskrete Folterflüge in Osteuropa zur Verfügung stellte.

Mit dem „Neusprech Award“ wurde der Begriff „Metadaten“ ausgezeichnet. Noch immer bemühen sich Sicherheitspolitiker mit ungebrochenem Eifer, den Informationsgewinn von Metadaten zu verharmlosen, weil ja nicht der Inhalt gespeichert würde. Zur Massenüberwachung indes gibt es kaum effizientere Werkzeuge als eben die Analyse der Metadaten, die Experten auch über den einzelnen erstaunlich viel preisgeben.

Erstmals wurde bei den diesjährigen Big Brother Awards ein Positivpreis vergeben. Den neu geschaffenen „Julia und Winston-Award“ geht an keinen Geringeren als Edward Snowden für dessen Zivilcourage. Für die Laudatio konnte der Chefredakteur der Süddeutschen Zeitung, Heribert Prantl, gewonnen werden, der nicht müde wird, einen stabilen Aufenthaltstitel zu fordern.

Trotz NSA-Skandals gelang es jedoch auch heimischen Datenkraken und -Schleudern, sich würdig zu behaupten. So ergatterte die RWE Vertriebs AG den Preis für die Kategorie „Arbeitswelt“ für ihre Leistungen bei der umfassenden heimlichen Überwachung ihrer Call-Center-Mitarbeiter. Die „Mein Fernbus GmbH“ fuhr einen Preis für „Verkehr“ ein, weil sich Reisende mit Online-Tickets mit Ausweisen identifizieren müssen. Für die Sparte „Technik“ zeichnete man allgemein "Spione im Auto" aus, die via Navigations- und Notrufsysteme Positionsdaten mit der Cloud und ggf. Versicherungsgesellschaften teilen, sowie mit Black Boxes ihre Fahrer in Verlegenheit bringen können.

In der Kategorie „Verbraucherschutz“ durften die neugierigen Fernseher der Marke LG einen Preisgewinn an die Zentrale melden – die smarten LG-Fernseher pflegen heimlich das Nutzerverhalten via Internet nach Südkorea zu funken. Fernsehen im wörtlichen Sinne, nur halt andersrum.