Schutz von Markenrechten bei den neuen Internet-Adresszonen

Nach jahrelangen Diskussionen hatte die ICANN Ende Juni 2008 die Einführung neuer Top Level Domains beschlossen. Nun soll eine Liste, in die sich Markeninhaber eintragen können, deren Markenrechte vor "Cybersquatting" schützen.

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Von
  • Monika Ermert

Inhaber von Rechten an Markenbegriffen sollen sich noch vor dem Bewerbungsstart für neue Top Level Domains in eine spezielle Liste eintragen können und damit besonderen Schutz genießen. In die "Globally Protected Marks List" (GPML) soll aber nur kommen, wer es auf mindestens 200 einzelne Eintragungen für seine Marke weltweit bringt. Der Vorschlag gehört zu einer Liste von Empfehlungen, die eine Gruppe von Markenrechtsexperten (Implementation Recommendation Team, IRT) im Vorfeld der endgültigen Entscheidung der Internet-Verwaltung Internet Corporation for Assigned Names and Numbers (ICANN) über die Vergaberegeln für neue Internet-Adresszonen erarbeitet hat.

Jahrelangen Diskussionen waren einem Beschluss vorausgegangen, mit dem die ICANN Ende Juni 2008 grünes Licht für die Einführung neuer Adresszonen (Top Level Domains, TLDs) im Netz gegeben hatte. Nach einer ersten Testrunde mit neuen TLDs im Jahr 2000 und einer kleineren zweiten Runde mit TLDs für spezielle Zwecke im Jahr 2004 möchte die Internet-Verwaltung damit ein reguläres Verfahren für die fortgesetzte Beantragung neuer Adresszonen im Stil von .com, .biz, oder .cat etablieren, mit dem sich nahezu beliebige Begriffe für Top Level Domains auswählen lassen sollen.

Schon jetzt gibt es spezielle Angebote, die Kunden Registrierdienstleistungen für die noch nicht existierenden Adressen von .health bis .bayern in Aussicht stellen. Solche Listen jagen Markeninhabern offenbar regelrechte Schreckensschauer über den Rücken – bislang haben sich zahlreiche große Unternehmen höchst kritisch zu der von der ICANN geplanten Ausweitung des Namensraumes geäußert. Auch in der zweiten Kommentarphase stellten Unternehmen wie Microsoft oder Lego die Notwendigkeit neuer TLDs in Frage. Andere, etwa Yahoo, drängten auf eine langsamere Gangart bei der Einführung. Die Unternehmen lobten indessen die Einsetzung des IRT und fordern mindestens eine Berücksichtigung von seinen Vorschlägen.

Weitere Empfehlungen des IRT neben der GPML sind eine neutrale Clearing-Stelle für Namens- oder Markenrechtsansprüche, eine rasches Take-Down-Verfahren (Uniform Rapid Suspension System, URS) sowie ein Schlichtungsverfahren für neue Top Level Domains nach deren Vergabe. Dazu kommen die Nutzung eines speziellen Algorithmus bei der Entscheidung, ob der Name einer neuen TLD einem Markennamen zu ähnlich ist, sowie strenge Anforderungen für die Personenangaben in den Domain-Inhaberdatenbanken des Whois.

Bei der Clearing-Stelle sollen Markeninhaber ihre Ansprüche hinterlegen und neue TLD-Bewerber, Registries sowie Registrare etwaige Ansprüche abrufen können. Verschiedene Dienste wie eine "Claims-Liste" und eine "Watch-Liste" sollen so vor und nach der Vergabe neuer TLDs dafür sorgen, dass Markeninhaber über Verstöße automatisch informiert werden. Auch die GPML würde bei der Clearing-Stelle hinterlegt. Bewerbungen für Adresszonen mit den darin verzeichneten Namen würden dadurch von vornherein blockiert, aber auch Registrierungen von Second Level Domains mit diesen Marken als Bezeichner. Die Hinterlegung von Daten soll schließlich im Rahmen des URS-Modells eigens dazu dienen, dass ohne weitere Prüfung der Markenansprüche sofort ein Verfahren zur Löschung einer Domain gestartet werden kann.

Insbesondere der Griff nach den einfachen Domains auf Second-Level-Ebene und nicht nur den Top-Level-Namen der neuen Adresszonen sorgte bereits für kritische Anmerkungen zum IRT-Vorschlag. Von einem "Frankenstein"-Modell spricht ein Vertreter von Minds + Machines. Registries würden durch das vorgeschlagene Schlichterverfahren nach der Vergabe dazu gezwungen, Registrierungen innerhalb ihrer TLD engmaschig zu kontrollieren. Dazu seien sie aber weder in der Lage noch befähigt. Befremden gab es auch über die vorgeschlagenen Regelungen zum Whois. Patrick Vande Walle, Mitglied der Endnutzervertretung innerhalb der ICANN, warnte: Die von den Markeninhabern fürs Whois vorgeschlagenen Grundsätze übervorteilten "Registry-Betreiber in Ländern mit wenigen oder nicht vorhandenen Datenschutzregeln". Vande Walle mahnte, ICANN müsse die Einspruchsfrist gegen die IRT-Vorschläge über den 6. Mai hinaus verlängern. Paul Levins, Kommunikationschef bei der ICANN, teilte auf Anfrage von heise online mit, dass es vor einer Entscheidung durch den ICANN-Vorstand weitere Gelegenheit zur Stellungnahme ge geben werde.

Siehe dazu auch:

(jk)