Kinderporno-Sperren: "An Populismus kaum zu überbieten"

Die Opposition von Grünen und FDP im Bundestag hat schwere juristische und inhaltliche Bedenken gegen das Gesetz zum Sperren von Webseiten mit Kinderpornografie, das Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen vorangetrieben hat.

In Pocket speichern vorlesen Druckansicht 1730 Kommentare lesen
Lesezeit: 3 Min.
Von
  • Jürgen Kuri

Ende April wurde der Gesetzentwurf zum Sperren von Kinderpornografie-Webseiten im Bundeskabinett beschlossen, am Mittwoch dieser Woche soll er bereits im Bundestag behandelt werden. Im Vorfeld äußerte sich nun die Opposition sehr kritisch zu dem Vorhaben, das von Bundesfamilienministerin Ursula von der Leyen vorangetrieben wurde.

"Das ganze Vorhaben ist an Populismus kaum zu überbieten", sagte der Parlamentarische Geschäftsführer der Grünen-Bundestagsfraktion, Volker Beck, gegenüber der Berliner Zeitung. Er kritisierte den Gesetzentwurf zu Websperren als "unverhältnismäßigen Eingriff in die Informationsfreiheit". Die Bundesregierung wolle vor den Wahlen suggerieren, sie gehe wirkungsvoll gegen Kinderpornografie vor. Das Gegenteil sei aber der Fall: "Statt gegen die Anbieter kinderpornografischer Inhalte strafrechtlich effektiv vorzugehen und die Inhalte ganz aus dem Netz zu entfernen, greift die Bundesregierung wider besseres Wissen zu einer Maßnahme, die wirkungslos ist", betonte Beck und forderte gleichzeitig stärkere Anstrengungen bei der internationalen Strafverfolgung von Kinderpornografie.

Beck warnte ähnlich wie zuvor schon Brigitte Zypries, als Bundesjustizministerin Kabinettskollegin der Familienministerin, vor Begehrlichkeiten nach ausgedehnteren Websperren: "Keiner weiß, welche Seiten das BKA künftig noch auf seine Liste setzt", meinte Beck. Schon jetzt werde über die Sperrung von Musik-Tauschbörsen, Internetlotterien und Gewaltvideos diskutiert. Die Grünen hatten bereits zuvor das mit den Webseiten-Sperren verbundene Überwachungsvorhaben der Regierung kritisiert. Es sei im Sinne des Datenschutzes nicht hinnehmbar, dass Informationen über IP-Adressen und versuchte Webseiten-Zugriffe, die über die bei gesperrten Seiten eingeblendete Stopp-Seite generiert werden, zu Ermittlungszwecken an das BKA weitergeleitet würden.

Die FDP-Innenpolitikerin Gisela Piltz äußerte zudem Bedenken, ob der Bund ein Gesetz zum Sperren von Web-Seiten in der vorgesehenen Form überhaupt beschließen dürfe: "Es ist fraglich, ob der Bund ein Gesetz verfassungsgemäß erlassen kann, welches die Sperrung von Internet-Seiten nach inhaltlichen Kriterien zum Gegenstand hat", meinte Piltz und verwies dabei darauf, dass das BKA durch das Gesetz neue Befugnisse zur Gefahrenabwehr erhalten soll, indem es Daten nicht nur sammele und auswerte, sondern auch den Polizeibehörden zur Verfügung stelle. Die Gefahrenabwehr liege aber in der Kompetenz der Länder, nicht des Bundes. Der Bund sei lediglich zur Abwehr terroristischer Gefahren befugt, so wolle es das Grundgesetz, betonte Piltz. Zudem liege die Regelung von Medieninhalten alleine in der Gesetzgebungskompetenz der Länder.

Die FDP-Politikerin hatte zuvor schon ebenso wie Datenschützer kritisiert, dass das BKA die Sperrlisten zusammenstellen solle und damit zu einer Art "Zensurbehörde" werde. "Die Bundesregierung geht selbst davon aus, dass legale Angebote betroffen sein können", hatte Piltz gewarnt. Die FDP fürchtet, dass durch ein Gesetz mit der Einführung von Sperrlisten die "Zensur des Internets durch die Hintertür" ermöglicht werde; zumindest aber bestehe die Gefahr eines Missbrauchs der Sperrlisten.

Mittlerweile gibt es auch eine Online-Petition, mit der sich interessierte Bürger gegen das Gesetzgebungsvorhaben zu Websperren aussprechen können.

Siehe dazu auch:

(jk)