Angesehen: Red Hat Enterprise Linux 7 RC

Container-Virtualiserung mit Docker, XFS als Standard und Gnome 3 im Classic-Modus – das sind einige der zahlreichen Neuerungen in der nächsten RHEL-Generation. Den Release Candidate von RHEL 7 kann man jetzt ganz einfach ausprobieren.

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Lesezeit: 6 Min.
Von
  • Thorsten Leemhuis
Inhaltsverzeichnis

Dreieinhalb Jahre nach der Vorstellung von Red Hat Enterprise Linux (RHEL) 6 hat Red Hat kürzlich den Release Candidate des Nachfolgers für die Allgemeinheit freigegeben. Die neue Generation der auf Unternehmenskunden ausgerichteten Distribution ist deutlich moderner ausgestattet und bringt zahlreiche Änderungen; darunter Container-Virtualisierung, ein neues Standard-Dateisystem und einen sonst selten genutzten Standard-Desktop.

RHEL7 wird Docker mitbringen, ein Management-Tool für Container-Virtualisierung, das derzeit in aller Munde ist. Docker kann Anwendungen zusammen mit den von ihnen benötigten Systemkomponenten und Bibliotheken zu Paketen schnüren, die mit den Namespace-Techniken aktueller Linux-Kernel in einem abgeschottenen Bereich laufen. Bei diesen "Linux Containern" läuft die Software samt ihrer Systemumgebung direkt unter dem Host-Kernel, sieht aber nichts von dem, was sonst auf dem Host los ist.

RC von Red Hat Enterprise Linux 7 (16 Bilder)

Standardmäßig richtet der RHEL7-RC die Desktop-Oberfläche Gnome Classic ein.

Dieser Ansatz vermeidet den Overhead, den die Virtualisierung kompletter Systeme über KVM oder Xen mit sich bringt. Docker enthält zudem zahlreiche Funktionen, um Verteilung und Management von Anwendungs-Containern zu erleichtern. Die Container-Software arbeitet dazu in RHEL7 eng mit Systemd zusammen; RHEL7 wird zudem SELinux nutzen, um Ausbruchsversuche aus Containern zu erschweren.

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Erscheinungstermin

Wie gewohnt sagt Red Hat zum Freigabetermin von RHEL7 nur Dinge wie das in der Open-Source-Welt oft gehörte "It's released when it's ready". Daher heißt es abwarten, bist die Distribution "bereit zur Freigabe" ist. Sofern Red Hat beim gewohnten Entwicklungstempo bleibt, dürfte das vermutlich in der zweiten Sommerhälfte oder dem Frühherbst der Fall sein.

Standardmäßig richtet der Installer XFS-Dateisysteme ein – nicht nur für die Root-Partition, sondern auch für Nutzerdaten und /boot/. XFS wurde zudem aufgebohrt, damit es mit bis zu 500 TByte großen Datenträgern klarkommt und dabei ordentliche Performance liefert; bislang lag das Limit bei 100 TByte.

Ext4 ist nun für Datenträger bis zu 50 TByte gerüstet; das von allen Mainstream-Distribution derzeit standardmäßig verwendeten Dateisystem unterstützte bei RHEL6 maximal 16 TByte. Btrfs bleibt auch in RHEL7 ein Technology Preview, daher ist der Einsatz des Dateisystems weiterhin nicht vom Red-Hat-Support abgedeckt; gut möglich, dass sich das in den nächsten Jahren mit einem der Updates für RHEL7 noch ändert.

Als Standarddesktop dient Gnome 3.8 im "Classic"-Modus. Mit Anwendungs- und Orte-Menü links oben und der Taskleiste am unteren Rand ähnelt er auf den ersten Blick Gnome 2; Anwender brauchen daher weniger umlernen. Bereitgestellt wird diese Desktop-Oberfläche von einigen kleinen Gnome-3-Erweiterungen, die das gewohnte Interface der Gnome-Shell von Gnome 3 verstecken. Dass die aber drunter steckt, zeigt sich recht schnell; wenn man den Mauszeiger beim Ansteuern des Anwendungsmenüs versehentlich ganz in die linke oberen Ecke fährt, schnellt beispielsweise die Aktivitäten-Ansicht der Gnome Shell hervor. Bei den Systemeinstellungen gibt es keine Unterschiede zum normalen Gnome; die Einstellmöglichkeiten sind daher gewohnt rar und übersichtlich – manche lieben es so, anderen fehlt es an Flexibilität.

KDE 4.10 liegt der größtenteils auf Fedora 19 basierenden Distribution ebenfalls bei. Von Fedora hat Red Hat aber nur die wichtigsten Komponenten übernommen. Statt der rund 13.500 Quellpakete von Fedora 19 liegen RHEL7 nur etwa 2500 Source-RPMs zu Grunde. Daher fehlen RHEL7 auch einige bekannte Anwendungen, darunter auch Desktops wie Cinnamon oder Mate. Diese und andere Software wird es wahrscheinlich wieder beim von Fedora-Projekt betriebenen EPEL (Extra Packages for Enterprise Linux) geben.

Über die Fedora-Basis hat RHEL auch einen moderneren Installer bekommen, der weitgehend mit dem viel kritisierten Installationsprogramm aktueller Fedora-Versionen identisch ist. Durch den im Vergleich zu RHEL6 erheblich jüngeren Unterbau sind viele Komponenten von RHEL7 deutlich moderner als bei RHEL6 – der Kernel etwa basiert nicht mehr auf Linux 2.6.32, sondern jetzt auf 3.10. Wie gewohnt hat Red Hat aber bereits einige Funktionen eingebaut, die erst in spätere Kernel-Versionen eingeflossen sind. Im RHEL7-Kernel steckt auch schon die Live-Patching Technik Kpatch, mit der sich Sicherheitslücken im Kernel ohne Neustart beheben lassen; wie Btrfs ist auch Kpatch allerdings vorerst noch ein Technology Preview. Neu ist auch Support für Secure Boot.

KVM bleibt die Virtualisierungslösung der Wahl; mit ihr lassen sich nun virtuelle Maschinen im Betrieb von RHEL6- auf RHEL7-Wirte migrieren. Für Anwendungen, die MySQL erfordern, richtet Red Hat standardmäßig die Version 5.5 des MySQL-Ablegers MariaDB ein. Als Webserver liegt ein Apache Httpd der Versionsreihe 2.4 bei. Den Start von System und Hintergrunddiensten erledigt statt Upstart nun Systemd, das auch als zentrale Instanz bei der Ressourcenverwaltung mit Control Groups agiert.

Neue Versionen von Samba, LDAP und SSHD sollen die zentrale Verwaltung von Benutzerkonten, Systemen und Diensten verbessern – nicht nur von Linux-Systemen, sondern auch in heterogenen Umgebungen mit einem Windows Active Directory, denn mit dem soll RHEL7 erheblich besser interagieren.

Hintergründe zu diesen Änderungen liefert eine Red-Hat-Webseite zum Release Candidate von RHEL7. Den kann man dort auch herunterladen, wenn man Red-Hat-Kunde ist oder sich registriert. Das ist aber gar nicht nötig, weil ISO-Images der Distribution über zahlreiche Webserver kostenlos abrufbar sind – in Deutschland etwa über jene der Hochschule Esslingen oder der TU Chemnitz. Diese Images kann man per dd auch auf USB-Sticks und andere Datenträger übertragen, um diese so zu RHEL-Installationsmedien zu machen. Das fertige RHEL7 wird es nicht so einfach geben; das CentOS-Projekt plant aber bereits einen voll kompatible Klon, der kostenlos erhältlich ist und wie die Vorlage zehn Jahre gepflegt werden soll.

Eine Vielzahl weiterer Informationen zur RHEL7-Neuerungen liefern die Präsentationsfolien und Videos des Red Hat Summit 2014, der Mitte April in San Francisco stattfand. Allein drei Vorträge der jährlich abgehaltenen Red-Hat-Hausmesse drehten sich um die Container-Virtualiserung mit RHEL:

  • Portable, lightweight, & interoperable Docker containers across Red Hat solutions (PDF)
  • Linux containers in Red Hat Enterprise Linux 7 beta (PDF)
  • Application-centric packaging with Docker & Linux containers(PDF, Video)

Einen breiten Überblick über die Neuerungen von RHEL7 liefert der zweistündige Vortrag "Red Hat Enterprise Linux roadmap". Die sehr informativen Präsentationsfolien sind kostenlos abrufbar; zudem gibt es auf YouTube eine zweiteilige Videoaufzeichnung, in der nach und nach die Neuerungen der verschiedenen Funktionsbereiche von RHEL erläutert werden.

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